_ 4 —
Kirchengemeinden im staatskirchenrechtlichen Sinn. Die Kirchen-
gemeinden des inneren Kirchenrechtes der öffentlichen Glaubens-
gesellschaften wurden von den politischen Gemeinden gespeist.
Ob durch das rev. Gem.Edikt und mit den von ihm einge-
setzten Kirchenverwaltungen Kirchengemeinden im staatskirchen-
rechtlichen Sinn geschaffen wurden oder nicht, ist bestritten. In
diesem Punkte scheint mir SEYDEL, dem auch der Berichter-
statter folgt, das Richtige getroffen zu haben. Darnach sind diese
Kirchenverwaltungen ganz ebenso wie die Armenpflegschaftsräte
Interessenvertretungen ohne eigenen korporativen Verband.
Die Ministerial- und Verwaltungsgerichtshofspraxis aber
tendierten immer mehr zur Annahme des Vorhandenseins von
staatskirchenrechtlichen Gemeinden, welcher Auffassung MEURER
ın seinem Buch über das Kirchenvermögensrecht dann die theo-
retische Bestätigung gab. Auf dieser Grundlage von Entschlie-
Bungen, Rechtssprüchen und Gedanken baut der Entwurf um
den lebendigen Mittelpunkt, die Umlage, seine organischen Nor-
men auf.
Im folgenden sollen nun diese Gemeinden nach ihrer recht-
lichen Natur und nach ihrer Stellung zu Staat und Kirche
untersucht werden.
1. Die Rechtsstellung der Kirchengemeinden
ım allgemeinen.
Entwurf und Motive verraten kaum eine größere Klarheit
in der juristischen Bestimmung der auf der Umlage aufgebauten
Rechtsgebilde als die vom Berichterstatter und von MEURER ge-
übte Kritik.
Man sieht hier recht deutlich, wie eine vom Gesetzgeber
selbst schief angelegte Konstruktion rechtlicher Gebilde sogleich
zu grundsätzlichen Mißdeutungen führen muß. Was der Entwurf
geschaffen hat, ist in der Tat ein schiefer Bau. Weder der Be-
richterstatter noch MEURER ist im Stande, ihn gerad zu machen.