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Am besten ist dem Verfasser noch der Abschnitt über Preßverwaltungs-
recht, Preßverwaltungsstrafrecht und Preßstrafrecht gelungen, wenngleich
auch hier manches zu tadeln ist. Recht brauchbar und übersichtlich ist
die Darstellung des kirchlichen Zensurrechts; erstaunlicherweise erfahren
wir aber über das geltende staatliche Zensurrecht, das ja doch auf weit
größeres Interesse rechnen dürfte, kaum ein Wort. Der Verfasser be-
schränkt sich auf eine kurze Darstellung der englischen Zensur unter dem
„star-chambre® und der napoleonischen Zensur. — In recht ausführlicher
Weise befaßt sich Gustı mit dem Begriff der Druckschrift. Die
Definition, die er gegen Schluß dieser Ausführungen aufstellt, ist nicht zu
billigen. Verfasser sagt: „Druckschrift ist die mit der Möglichkeit der
Vervielfältigung objektivierte veröffentlichte Gedankenäußerung.“ Was heißt
„Möglichkeit der Vervielfältigung‘? Wenn man die Definition außerhalb
des Zusammenhanges betrachtet, so wird man kaum erraten können, was
der Verfasser unter dieser Bezeichnung verstanden wissen will. Man müßte
m. E. etwa sagen: „Druckschrift ist die mittels der Buchdruckerpresse oder
mittels anderer chemischer oder mechanischer Verfahren vervielfältigte ob-
jektivierte, veröffentlichte Gedankenäußerung“. Durch diese Fassung glaube
ich auch schon einen weiteren Fehler der Gustischen Definition ausgemerzt
zu haben. Nach seiner Begriffsbestimmung könnte man unter Druckschrift
auch Grammophonplatten verstehen. Denn Grammophonplatten sind auch
objektivierte, veröffentlichte Gedankenäußerungen, die auf mechanischem
Wege — durch Abguß mittels einer Matrize — vervielfältigt worden
sind. Daß diese aber nicht als Druckschriften angesehen werden dürfen,
ergibt sich ohne weiteres aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, auch aus
$ 2 des Reichspreßgesetzes; es wird überdies von dem Verfasser (S. 88)
auch ausdrücklich betont.
Anschließend an seine Begriffsbestimmung der Druckschrift befaßt
sich GustI mit den Eigentümlichkeiten des Preßdelikts. Er findet dessen
Kigenart darin, daß man weder die materiellen Folgen der strafbaren Hand-
lung noch das corpus delicti sichtbar darstellen könne. „Die publizierte
Gedankenäußerung offenbart bereits fertig die kriminelle Tat ohne Rück-
sicht auf den Erfolg, ohne daß sie eine materielle Veränderung der Außen-
welt bewirkt“ (S. 91). Welchen materiellen Erfolg, welche Veränderung
in der Außenwelt ruft denn z. B. eine Beleidigung hervor? Welche Ver-
änderungen die Begehung der meisten Polizeidelikte ?
Der Rest des hier im einzelnen besprochenen Abschnitts des Buchs
enthält lange historische Betrachtungen über die Entwickelung der Preß-
verantwortlichkeit, deren Besprechung nicht lohnt.
Ein Gesamturteil über die besprochene Arbeit erscheint mir im Hin-
blick auf die obigen Ausführungen nicht mehr notwendig.
Frankfurt a. M. Dr. Franz Leyers.