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zugehen, dab der amerikanische Naval War Code die Zerstörung
neutraler Prisen erlaubte, daß die Vereinigten Staaten die seit
altersher bestehende Praxis der Nichtzerstörung neutraler Prisen
nicht aufgeben könnten ®. Zur Bewertung der englischen und
amerikanischen Prisenentscheidungen hat Davis auf den be-
kannten Ausspruch von Sir W. Scott hingewiesen, daß die Prisen-
gerichte nicht das Recht eines Landes, sondern das Völkerrecht
anwenden, ihre Urteile also von unangreifbarer Autorität seien.
Der Präsident der Kommission, Martens, dagegen hat seinerseits
den Grundsatz vertreten, daß „die verschiedenen Meinungen, die
in den sStowellschen Urteilen ausgesprochen sind, zwar sehr
interessant seien, aber für uns keine verbindliche Kraft oder
praktischen Wert haben. Die Urteile der Prisengerichte seien
die persönlichen Ansichten der Richter...“ ®,
Aber nicht nur die völkerrechtliche Bedeutung der Prisen-
urteille, auch die der nationalen Prisenreglements ist von ver-
schiedenen Seiten beleuchtet worden. Von Rußland und Deutsch-
land waren die übereinstimmenden Reglements als Beweis dafür
angeführt worden, daß das bestehende Völkerrecht die Zerstörung
neutraler Prisen nicht verbiete. Sir Ernest Satow erklärte dem-
gegenüber, „daß die britische Delegation diesen Reglements oder
anderen derselben Art keinen völkerrechtlichen Charakter bei-
legen könne. Es handele sich vorliegend um nationale Regeln,
für die man sich auf keine internationale Sanktion berufen
könne, und die infolgedessen nicht als Bestandteile des Völker-
rechts angesehen werden können. In der Tat, man müsse zum
mindesten den Nachweis liefern, daß die neutralen Staaten der
Anwendung dieser Reglements auf die Schiffe und Ladungen
ihrer Untertanen zugestimmt haben“ ’°, Kapitän Behr anderer-
seits wies darauf hin, daß er die von ihm angeführten Regle-
ments ebensowenig wie die Prisenurteile für ein internationales
#8 Eod. p. 1048—105l. e8 Eod. p. 1019.
’° Eod. p. 1015; vgl. auch die frühere Erklärung Satows, oben S. 28/29.