Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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Nun wird man ja diese Worte nicht buchstäblich zu ver- 
stehen haben. Aus dem Wunsche heraus, das Neue in mög- 
lichst gutes Licht zu stellen, hat man die bestehenden Zustände 
nicht schwarz genug malen können. Auch in dem von dem 
Kommissionsberichte wiederholt als Muster hingestellten Deut- 
schen Reiche und Preußen hat man öfters Klagen 5° über Be- 
vorzugungen gewisser Kreise bei der Aemterbesetzung gehört. 
Allerdings scheint das Empfehlungsunwesen in Frankreich einen 
beträchtlichen Umfang angenommen zu haben. Der Kommis- 
sionsbericht (S. 5) spricht von 105000 Empfehlungsschreiben, 
die allein dem Unterstaatssekretär für Posten, Telegraphie und 
Telephon zugegangen seien. Zwar wird man auch hieraus nicht 
zu weitgehende Schlüsse ziehen dürfen, denn der Kommissions- 
bericht sagt nicht, innerhalb welcher Zeit diese Briefe geschrie- 
ben worden sind. Auch darf man nicht vergessen, daß gerade 
die unter diesem Staatssekretariat5® stehenden Beamten außer- 
ordentlich zahlreich sind. Nichtsdestoweniger läßt diese Angabe 
die bestehenden Zustände in recht eigentümlichem Lichte er- 
scheinen. 
Ob die unten zu erörternden Bestimmungen der Beamten- 
  
  
55 Wir erinnern nur an die sogar im Reichstag besprochenen Personal- 
verhältnisse im Auswärtigen Amt und an die Personalverhältnisse der 
Beamten der inneren Verwaltung in Preußen, die wiederholt den Gegenstand 
längerer Preßerörterungen gebildet haben. Während in Frankreich die 
Bevorzugungen bestimmter Personen gerügt wird, behauptet man bei uns 
eine durch nichts gerechtfertigte Begünstigung gewisser Klassen oder 
Kreise, z. T. wohl sehr mit Unrecht. Denn einerseits haben doch die aus 
diesen Familien entnommenen Beamten bisher ihre Aemter trefflich ver- 
waltet, dann aber ist es menschlich begreiflich, daß man unter gleich guten 
Bewerbern solche vorzieht, die einem durch Verwandtschaft oder Tradition nahe 
stehen. Eine solche „Begünstigung“ findet sich auch in liberal verwalteten 
Städten und selbst bei der recht jungen Sozialdemokratie beginnt bereits 
eine Art erblichen Beamtenadels sich auszubilden. 
56 Wir wenden der Kürze halber diesen Ausdruck an. Denn wenn auch 
das Postunterstaatssekretariat durch deer. 26. VII. 1909 aufgehoben ist, so 
besteht natürlich der Dienstzweig als solcher nach wie vor.
	        
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