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tengrad wählt nämlich Vertreter, und die Beamten desselben
Grades wie der Angeklagte nehmen an der Beurteilung der ihm
zur Last gelegten Tat teil. Dieser kann vorgeladen werden und
hat sich alsdann zu rechtfertigen. Auch ist ihm gestattet, einen
schriftlichen Bericht einzureichen und sich durch einen Rechts-
anwalt verteidigen zu lassen.
Bereits das Gesetz vom 20. IV. 1810 bestimmte, daß sich
jeder Richter disziplinar strafbar mache, „qui compromettra la
digniteE de son caractere (Art. 49)“ und für die Beamten der
Staatsanwaltschaft: „les officiers du ministere public dont la
conduite est reprehensible* (Art. 60) oder „qui s’&cartent du
devoir de leur etat et qui en compromettent l’honneur, la delica-
tesse et la dignite (Art. 61)“. Dazu kommt jetzt Art. 14 des
Gesetzes v. 30. VIII. 1883: „Jede politische Beratung ist den
Justizkollegien untersagt. Jede Aeußerung oder Kundgebung
der Feindseligkeit gegenüber dem Prinzipe oder der Form der
Regierung der Republik ist den Richtern untersagt. Die Ueber-
tretung dieser Bestimmungen bildet ein Disziplinarvergehen.“
Daneben unterliegen die Richter verschiedenen Beschrän-
kungen: sie dürfen nicht Handel treiben, nicht juristische Kon-
sultationen erteilen 7? usw.
Die Disziplinarstrafen sind: die einfache Zensur, die Zensur
mit Rüge, wodurch Entziehung des Gehalts für einen Monat be-
dingt wird; die provisorische Suspendierung, die die Entziehung
des Gehalts während dieser Zeit nach sich zieht; die Degradation,
die den Richter seines Amts endgültig entsetzt. Auf diese Stra-
fen erkennt der als conseil superieur de la magistrature tagende
Kassationshof, der auch seine zustimmende Meinung äußern mub,
wenn der Justizminister einen Richter versetzen oder pensio-
nieren will.
„Die Friedensrichter können nur nach der Meinung einer
9» Näheres vgl. bei LeBon (Verfassungsrecht) 8. 158.