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Dr. Nikolaus N. Saripolos, Privatdozent für Staatsrecht an der Universität
Athen, Das Staatsrecht des Königreichs Griechen-
land. Tübingen, Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1909, 1918.
Dr. NıkoLAus N. SARIPOLOS ist durch ein bedeutendes Werk über
„Die Demokratie und die Verhältniswahl“ ! (2 Bände, Paris 1899) bekannt
geworden. Seitdem hat er durch seine Arbeiten auch weiterhin der Pariser
Rechtsschule, an der er sich gebildet hat, und an der ihm seine Lehrer das
beste Andenken bewahren, Ehre gemacht. Sein Beitrag zum „Oeffentlichen
Recht der Gegenwart“ setzt mit einer sehr methodischen, klaren und
wissenschaftlichen Darstellung des Staatsrechts des Königreichs Griechen-
land die Reihe würdig fort.
Das Werk umfaßt nur das eigentliche Verfassungsrecht, und nicht das
Verwaltungsrecht. Außer einigen Ausführungen über das Budgetrecht und
die den verfassungsmäßigen Bestimmungen durch die Anführung der or-
ganischen Gesetze gegebenen notwendigen Ergänzungen beschränkt sich
das Buch darauf, die Verfassung von 1864 zu kommentieren. Es kommen-
tiert sie nicht einmal vollständig, denn über die Freiheits- oder Grundrechte
(Artikel 3—20) finden wir fast nichts. (Siehe S. 29—30.) Wenn der Gottes-
dienst mit einer gewissen Weitläufigkeit (S. 154—164) behandelt ist, so ist
dies mehr hinsichtlich seiner Organisation als hinsichtlich der Freiheit der
Bürger geschehen. Damit ist Herr SARIPOLOS zweifellos der Tradition ge-
wisser französischer Lehrer treu geblieben, die dem konstruktiven Teil des
öffentlichen Rechts — der Organisation der großen Gewalten im Staat —
die überwiegende Bedeutung beimessen. Soll man in dieser Tatsache den
Grund dafür suchen, daß die Verfassungsgesetze der dritten Republik keine
„Declaration des Droits“ mehr enthalten ?
Ein gutes Handbuch kann man nicht leicht in einem kurzen Referat
besprechen; wir würden gern sagen, daß das ein Beweis seines Wertes ist.
Beschränken wir uns also darauf, einige Punkte in dem Buche des Herrn
SAKIPOLOS anzuführen, die uns besonders interessiert haben.
Die politische Entwicklung, die Griechenland seit seiner Unabhängig-
keit durchgemacht hat, und die in den auf einander folgenden Verfassungen
zum Ausdruck gekommen ist, gestattet, der Umwandlung einer konstitu-
tionellen Monarchie in eine parlamentarische Monarchie, wie wir sagen
würden, vortrefflich zu folgen. Die Ausdrücke, deren sich unser Verfasser
bedient, sind sogar noch radikaler: „königliche Demokratie‘, oder „be-
schränkte Demokratie“, oder sogar „eine Art diktatorischer Republik“ (S. 13°
und 20). Mit diesen Worten charakterisiert er eine Regierungsform, bei
der der König nur die ihm übertragenen Befugnisse hat, bei der die Ver-
fassungsänderung ohne ihn geschieht, und bei der der Ministerpräsident,
dessen Wahl in der Tat vom Willen des Parlaments ausgeht, die tatsäch-
ı „La Democratie et l’Election proportionnelle“.