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Das Zolltarifgesetz vom 15. Juli 1879 brachte zunächst statt
der seit 1865 im Zollverein verfolgten Freihandelspolitik das
System der Schutzzölle, sodann durch eine ausgiebige Erhöhung
der Zölle eine ganz bedeutende Steigerung der Reichseinnahmen.
Hieran sollten nun auch die Einzelstaaten teilnehmen, um für die
von 1876—79 ständig gestiegenen Matrikularbeiträge einiger-
maßen entschädigt zu werden. Andererseits mußte für den zu
erwartenden Fall, daß die Matrikularbeiträge der Einzelstaaten
sei es für kürzere, sei es für längere Zeit, unnötig würden, das
parlamentarische „Einnahmebewilligungsrecht“* der Matrikular-
beiträge gerettet werden! Zwei Lager standen sich im Reichstag
in dieser Frage gegenüber: auf der einen Seite die Vertreter
der föderativen Garantien in dem Zentrumsantrag des
Freih. vv Franckenstein, auf der anderen Seite die Ver-
treter der konstitutionellen Garantien in dem natio-
nalliberalen Antrag Rudolf v. Bennigsen. Letzterer ging
dahin, dem Reichstag das Recht zu geben, die Salzsteuer und
den Kaffeezoll beweglich zu machen und ihre Höhe alljährlich
im Etat festzusetzen. Dadurch hätte der Reichstag alljährlich
selbst den Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben ge-
schaffen, hätte ein wirkliches und ein wirksames konstitutionelles
Bewilligungsrecht erlangt und hätte die Reichsfinanzen von den
einzelstaatlichen Finanzen unabhängig gemacht. Denn es wäre
dann der notwendige bewegliche Faktor gegeben gewesen.
Die Matrikularbeiträge wären dadurch faktisch überflüssig
geworden. Außerdem wäre der Vorschlag auch vom sozialpoli-
tischen Standpunkt aus zweckmäßig gewesen, insofern einerseits
im Salz ein allgemeines Nahrungsmittel, im Kaffee ein allgemeines
Genußmittel getroffen worden wäre.
Der Antrag Bennigsen wurde 'aber abgelehnt, dafür der
Antrag Franckenstein angenommen und in folgender Fassung
Gesetz:
8 8 des „Gesetzes betr. den Zolltarif des deutschen Zoll-