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durch Neubesetzung des Thrones rechtswidrig wäre, gestattet nur dem
Politiker, nicht dem Juristen, hier von einer Lücke zu sprechen. Was ist
bei Ablehnung des Budgets für die Finanzverwaltung rechtens? Eines von
beiden, erwidert, ohne dazwischen zu entscheiden, DonATI: Einstellung der
Finanzverwaltung oder Fortführung ohne Budget. Denn beides kann nicht
gleichzeitig rechtswidrig sein, weil sonst das Gesetz widerspruchsvoll wäre
(was wir uns für unsere Kritik merken wollen).
Es werden sodann die Konsequenzen der Geschlossenheitstheorie ent-
wickelt, zunächst für die Lehre von den Rechtsquellen: jedes
neue Gesetz, jede Verordnung sei rechtsändernd, nie aus wilder Wurzel
rechtserzeugend, desgleichen jede Gewohnheit, soweit nicht secundum, stets
contra, nie praeter legem und ohne gesetzliche Sanktion deshalb nie ver-
bindlich; DowATI bemüht sich besonders auf dem Gebiete des Staatsrechts
und speziell für das parlamentarische Regime die Entbehrlichkeit gewohn-
heitsrechtlicher, die Möglichkeit gesetzesrechtlicher Begründung nachzu-
weisen: die Verfassung stellt zwar die Auswahl der Minister in das Er-
messen des Königs; aber nach allgemeiner Regel haben Staatsorgane sich
bei der Ausübung ihres Ermessens durch das öffentliche Interesse leiten zu
lassen, und dieses fordert eben in Italien die Auswahl der Minister aus der
Parlamentsmehrheit! Für die Interpretation der Gesetze glaubt
DonArı aus seimer Theorie die vielfach vermißten Kriterien herleiten, zu
können, nach denen man sich zwischen den verschiedenen Interpretations-
mitteln, insbesondere zwischen Analogie und argumentum e contrario zu
entscheiden habe: das argumentum e contrario sei anzuwenden, soweit
nicht die Analogie gesetzlich zugelassen ist. Uebrigens können kraft ge-
setzlicher Bestimmung in Italien nicht nur Strafrechte, sondern — bei uns
von ANSCHÜTZ vertreten — auch andere Rechte des Staates gegen den
Untertan nicht auf Analogie gegründet werden (Art. 4 der einleitenden Be-
stimmungen zum Zivilcodex). Für dieRechtstellung des Richterser-
gibt sich aus der Lückenlosigkeit der Rechtsordnung die Unnötigkeit und Un-
zulässigkeit jeglicher schöpferischer Funktion: die Richtertätigkeit hat ohne
besondere gesetzliche Ermächtigung eine rein intellektuelle, ausschließlich de-
klaratorische Tätigkeit zu sein. Wo aber, wie im schweizerischen Zivilgesetz-
buch, ausdrückliche gesetzliche Bestimmung den Richter zur Rechtsschöpfung
ermächtigt, da ist darin nicht die Anerkennung von Rechtslücken, sondern
eine Zulassung richterlicher Rechtsänderung zu erblicken. Mit besonderer
Liebe zieht endlich Donartı die Konsequenzen seiner Theorie für die
Rechtsstellung des Bürgers: in dem von ihm angenommenen
stillschweigenden Rechtssatz, daß rechtliche Beschränkungen abgesehen von
den ausdrücklich gesetzlich bestimmten nicht stattfinden, finde die bürger-
liche Freiheit ihr juristisches Fundament.
Schließlich prüft DonATı de lege ferenda, inwieweit jener stillschwei-
genden negativen Bestimmung von Gesetzgeber durch Verweisung des