Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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durch Neubesetzung des Thrones rechtswidrig wäre, gestattet nur dem 
Politiker, nicht dem Juristen, hier von einer Lücke zu sprechen. Was ist 
bei Ablehnung des Budgets für die Finanzverwaltung rechtens? Eines von 
beiden, erwidert, ohne dazwischen zu entscheiden, DonATI: Einstellung der 
Finanzverwaltung oder Fortführung ohne Budget. Denn beides kann nicht 
gleichzeitig rechtswidrig sein, weil sonst das Gesetz widerspruchsvoll wäre 
(was wir uns für unsere Kritik merken wollen). 
Es werden sodann die Konsequenzen der Geschlossenheitstheorie ent- 
wickelt, zunächst für die Lehre von den Rechtsquellen: jedes 
neue Gesetz, jede Verordnung sei rechtsändernd, nie aus wilder Wurzel 
rechtserzeugend, desgleichen jede Gewohnheit, soweit nicht secundum, stets 
contra, nie praeter legem und ohne gesetzliche Sanktion deshalb nie ver- 
bindlich; DowATI bemüht sich besonders auf dem Gebiete des Staatsrechts 
und speziell für das parlamentarische Regime die Entbehrlichkeit gewohn- 
heitsrechtlicher, die Möglichkeit gesetzesrechtlicher Begründung nachzu- 
weisen: die Verfassung stellt zwar die Auswahl der Minister in das Er- 
messen des Königs; aber nach allgemeiner Regel haben Staatsorgane sich 
bei der Ausübung ihres Ermessens durch das öffentliche Interesse leiten zu 
lassen, und dieses fordert eben in Italien die Auswahl der Minister aus der 
Parlamentsmehrheit! Für die Interpretation der Gesetze glaubt 
DonArı aus seimer Theorie die vielfach vermißten Kriterien herleiten, zu 
können, nach denen man sich zwischen den verschiedenen Interpretations- 
mitteln, insbesondere zwischen Analogie und argumentum e contrario zu 
entscheiden habe: das argumentum e contrario sei anzuwenden, soweit 
nicht die Analogie gesetzlich zugelassen ist. Uebrigens können kraft ge- 
setzlicher Bestimmung in Italien nicht nur Strafrechte, sondern — bei uns 
von ANSCHÜTZ vertreten — auch andere Rechte des Staates gegen den 
Untertan nicht auf Analogie gegründet werden (Art. 4 der einleitenden Be- 
stimmungen zum Zivilcodex). Für dieRechtstellung des Richterser- 
gibt sich aus der Lückenlosigkeit der Rechtsordnung die Unnötigkeit und Un- 
zulässigkeit jeglicher schöpferischer Funktion: die Richtertätigkeit hat ohne 
besondere gesetzliche Ermächtigung eine rein intellektuelle, ausschließlich de- 
klaratorische Tätigkeit zu sein. Wo aber, wie im schweizerischen Zivilgesetz- 
buch, ausdrückliche gesetzliche Bestimmung den Richter zur Rechtsschöpfung 
ermächtigt, da ist darin nicht die Anerkennung von Rechtslücken, sondern 
eine Zulassung richterlicher Rechtsänderung zu erblicken. Mit besonderer 
Liebe zieht endlich Donartı die Konsequenzen seiner Theorie für die 
Rechtsstellung des Bürgers: in dem von ihm angenommenen 
stillschweigenden Rechtssatz, daß rechtliche Beschränkungen abgesehen von 
den ausdrücklich gesetzlich bestimmten nicht stattfinden, finde die bürger- 
liche Freiheit ihr juristisches Fundament. 
Schließlich prüft DonATı de lege ferenda, inwieweit jener stillschwei- 
genden negativen Bestimmung von Gesetzgeber durch Verweisung des
	        
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