Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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riellen Befugnisse ausübte. Mochte er als Reichskanzler (Minister 
für das Deutsche Reich), mochte er als Minister für E.-L. fungie- 
ren, immer wieder war es der Reichskanzler, der auch so zeich- 
nete, obwohl ein tiefer Unterschied in den beiden Betätigungs- 
formen bestand. Lag es hier nahe, gemäß der rein äußerlichen 
Erscheinungsform, alles was der Reichskanzler in elsaß-lothringi- 
schen Sachen tat, als „Reichskanzlersache“ zu betrachten, ohne 
nähere Untersuchung, wie dies rechtlich zu konstruieren sei, 
so lag anderseits nach der Trennung der elsaß-lothringischen 
Landesangelegenheiten, schon wegen dieser Bezeichnung rein 
äußerlich der Gedanke nahe, in der Analogie der Minister in 
den deutschen Einzelstaaten den Maßstab für die rechtliche 
Struktur der ministeriellen Funktionen zu suchen. 
S 2 des Reichsgesetzes vom 4. Juli 1879 bestimmt: 
„Auf den Statthalter gehen die dem Reichskanzler in elsaß- 
lothringischen Landesangelegenheiten überwiesenen Befugnisse und 
Obliegenheiten über“. 
Wir sahen oben, daß die notwendige Voraussetzung einer 
gedeihlichen Entwicklung diese durch das zit. Gesetz ausgespro- 
chene Trennung der obersten Regierungsbehörde E.-L.s von dem 
mit dieser ein organisches Ganze bildenden Reichskanzleramt war. 
Doch es war nur eine äußerliche, durch örtliche Verschiedenheit 
der hier in Betracht kommenden Regierungszentren bedingte und 
deshalb keine organische Trennung, eine bloße Loslösung der 
bisher mit dem Reichskanzler als solchen in seiner Eigenschaft 
als Reichskanzler für E.-L. verbundenen Befugnisse, keine quali- 
tativen Aenderungen in deren Wesen. Daraus resultiert auch 
das Verhältnis der Träger der getrennten Befugnisse: 
der Statthalter ist der Träger der von der 
Person des Reichskanzlers gelösten Obliegen- 
heiten, und kraft der qualitativen Gleichheit 
der Befugnisse stehen sich die Träger auch 
als pares gegenüber, sozusagen als Univer- 
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