— 142 —
heitsventil zu erblicken haben, gegen die angeblichen Gefahren,
die mit einer Ueberlassung der ganzen Landesangelegenheiten-
Kompetenz an die Landesbehörden verbunden sein konnten. Man
dachte an die Möglichkeit eines Dissenses zwischen Landesaus-
schuss und Regierung und wollte sich für diesen Fall den Weg
der reichsgesetzlichen Regelung offenhalten ®!. Hierdurch in Ver-
bindung mit dem Satze, daß auf letzterem Wege erlassene Lan-
desgesetze nur im Wege der Reichsgesetzgebung wieder aufge-
hoben und geändert werden könnten, glaubte man sich gegen
politische Aenderungen, die nicht mit den Ansichten der Re-
gierungen im Einklang standen, gesichert zu haben.
Es ist zuzugeben, daß es eine politisch zweifellos gerecht-
fertigte und unbedenkliche Regelung der Verhältnisse war, wenn
gleichzeitig hiermit offenkundig ausgesprochen wurde, daß der
Weg der Reichsgesetzgebung als der sekundäre zu betrachten sei.
Doch dem widersprach die vom Bundesrat dem Reichstag vor-
gelegte Verfassung des Gesetzentwurfes, wodurch nur die Mög-
lichkeit („können“) des Erlasses von Landesgesetzen durch Lan-
desausschuß, Bundesrat und Kaiser, durch Gesetz ausgesprochen
werden sollte. Eine unserem Postulat entsprechende Fassung
enthielt der Gesetzentwurf durch den Antrag HäÄneEL°?, wodurch
im $ 1 als das Primäre die Landesgesetzgebung („werden“)
festgesetzt wurde, dem $ 2 nur eine Modifikation — allerdings
5t Vgl. stenographische Berichte, Session II 1879. Bd. II, S. 1538.
52 Vgl. RuDOLF, Der Statthalter in B.-L., S. 84.
53 Stenographischer Bericht 1877, Bd. III, 8. 263, Nr. 63 der Druck-
sachen. Der Reichstag wolle beschließen, dem Gesetzentwurf in folgender
Fassung die Zustimmung zu erteilen. $ 1: Landesgesetze für E.-L. einschl.
des jährlichen Landeshaushaltsetats werden mit Zustimmung des Bundes-
rats vom Kaiser erlassen, wenn der durch den kaiserlichen Erlaß vom
29. Oktober 1874 eingesetzte Landesausschuß demselben zugestimmt hat.
8 2: Die Erlassung von Landesgesetzen (3 1) im Wege der Reichsgesetz-
gebung bleıbt vorbehalten. Die auf Grund dieses Vorbehaltes erlassenen
Landesgesetze können nur im Wege der Reichsgesetzgebung aufgehoben
und geändert werden.