—_ 17 —
leiben sollen? Preußen?® Damit wäre Preußens Uebergewicht
im Deutschen Reiche, das schon so wie so bedeutend war, zur
unantastbaren Uebermachtstellung gestiegen, eine Tatsache, die
ohne Zweifel die Mehrzahl der deutschen Staaten, vor allem
Bayern, in Opposition gesehen hätte, und die Existenz des jungen
Reiches allen Ernstes gefährdet haben würde.
Einer Einverleibung E.-L.s in einen anderen Bundesstaat
würde aber Preußen widersprochen haben. E.-L. zum Rang eines
den übrigen Bundesstaaten koordinierten Staates zu erheben, ver-
bot sich von selbst. Man hätte damit, dem doch seinem ganzen
Wesen nach französisch gewordenen Lande, einen den sämtlichen
übrigen Bundesstaaten konträren Charakter gegeben. Es wäre
ein französischer Staat im Deutschen Reiche gewesen und vor
allem — geblieben. Denn mit dem einmal gegebenen Staatscha-
rakter wäre die doch notwendig als erstes Ziel ins Auge zu fas-
sende Assimilation des Elsässers und Lothringers wesentlich er-
schwert, wenn nicht unmöglich gemacht worden.
Das Fazit dieser politischen Erwägung mußte dahin führen,
E.-L. eine solche Gestalt zu geben, daß die Interessen der Bun-
desstaaten nicht hierdurch tangiert würden, und außerdem E.-L.,
ohne eine dauernde exzeptionelle Stellung zu erhalten, die Mög-
lichkeit einer in absehbarer Zeit zu vollziehenden Assimilation
gegeben wurde. Dies mußte die Bahn sein, auf der die gesunde
Entwicklung E.-L.s möglich war, diese Erwägungen müssen auch
den Maßstab bilden für die Beurteilung der jeweiligen staats-
rechtlichen Formen E.-L.s und die Grundlage realer Ausblicke
auf seine zukünftige Gestaltung.
83.
Fortsetzung.
Literatur: ZoRNn, Staatsrecht Bd. I. Derselbe, Die deutsche Reichs-
verfassung in QUELLE und MAYER; LEOoNI, Das Recht des Reichslandes E.-L.;
5 So sagte v. TREITSCHKE in der Reichstagssitzung vom 20. Mai 1871: „Die
Lande werden einverleibt dem preußischen Staate“. Hır'ras Annalen 1871 8.885.