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des Reichstags strich die Summe von 144,7 Millionen von dem
durch den Reichsschatzsekretär geforderten Deckungsbedarf und
beschloß die Tilgung der Summe im Anleiheweg. Die Einzel-
staaten wurden sonach zu Lasten des Reiches ungeheuer erleich-
tert, aus der Stundung der Jahre 1906, 1907 und 1908 wurde
1909 ein Erlaß, ganz wie es bereits 1906 von verschiedenen
Politikern prophezeit worden war. Es ging also hier wie so oft
bei privaten Schuldverhältnissen, dal nämlich die Stundung für
den Gläubiger den Anfang vom Ende seines Guthabens bedeutet.
Die Schuldner Einzelstaaten machten also auf Kosten ihres Gläu-
bigers, des Reiches, ein gutes Geschäft !
Demgemäß bestimmte also das „@esetz betr. Aende-
rungim Finanzwesen“ v.15. Juli 1909 (RGBj. 09, 8. 743 ff.)
in seinem Art. I unter den „Allgemeinen Vorschriften“ :
$ 1. „8 3 des Gesetzes betr. die Ordnung des Reichshaus-
halts und die Tilgung der Reichsschuld, v. 3. Juni 1906 (RGBl.
S. 620) tritt außer Wirksamkeit.“
8 21I. „Für die aus den Rechnungsjahren 1906 bis 1908
herrührenden Matrikularbeiträge, deren Erhebung ausgesetzt ist
und die auch nach der Rechnung zu unmittelbaren Lasten der
Bundesstaaten verblieben sind, tritt der $ 3 Abs. II des Gesetzes
betr. die Ordnung des Reichshaushalts und die Tilgung der An-
leihe, v. 3. Juni 1906, außer Wirksamkeit. Diese Matriku-
larbeiträge sind auf Anleihe zu übernehmen.
Das gleiche gilt für die nach den Rechnungen der Rechnungs-
jahre 1907 und 1908 vorhandenen Fehlbeträge in der eigenen
Wirtschaft des Reiches. Diese Anleihe ist vom Zeitpunkt ihrer
Begebung ab jährlich mit mindestens 1,9 vom Hundert unter
Hinzurechnung der ersparten Zinsen zu tilgen. Als ersparte
Zinsen sind 3!/;, vom Hundert der zur Tilgung aufgewendeten
Summen anzusetzen.“
Abs. II. „Soweit die nach Art. 70 der Reichsverfassung von
den Bundesstaaten aufzubringenden Matrikularbeiträge nach dem
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