Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Die Tradition seit der Reichsgründung ist also auch 
1906 nur unerheblich und nur als erklärte Ausnahme durch- 
brochen worden. Diese Tradition entspricht der in der Reichs- 
verfassung sanktionierten Teilung der staatlichen Aufgaben 
zwischen dem Reich und den Einzelstaaten und der daraus re- 
sultierenden entsprechenden Verteilung der Ausübung der Finanz- 
gewalt. LABAND °?® sagt, wenn die Reichsverfassung den Einzel- 
staaten die Pflicht auferlege, die Anordnungen der Reichsgesetze 
auf eigene Kosten durchzuführen, so sei darin zugleich als not- 
wendiges Gegenstück der verfassungsmäßige Satz enthalten, daß 
den Einzelstaaten die zur Erfüllung dieser Pflicht erforderlichen 
Einnahmen zur Verfügung stehen müssen und daß daher der 
Finanzgewalt der Einzelstaaten ein Gebiet verbleiben müsse, 
welches vor dem Einbruch des Reiches gesichert sei. „Dem 
formell nicht beschränkten Steuergesetzgebungsrecht des Rei- 
ches steht eine materielle Beschränkung seiner Ausübung 
durch den Verfassungsbau des Reiches gegenüber. Nimmt das 
Reich den Einzelstaaten ihre Einkommensquellen, so muß es sie 
auch von den Kosten der Ausführung der Reichsgesetze ent- 
lasten, also die Ausführung selbst übernehmen, d. h. das Reich 
aus einem Bundesstaat in einen Einheitsstaat verwandeln! 
Aus diesen staatsrechtlichen Gründen muß 
das gesamte Gebiet der direkten Steuern den 
Einzelstaaten verbleiben. Demnach ist jede direkte 
Reichssteuer, möge sie Reichseinkommensteuer oder Reichsver- 
mögenssteuer oder sonstwie heißen, abzulehnen und zwar in jeder 
Form, mag nun das Reich Zuschläge zu den direkten Landes- 
steuern erheben oder die direkten Landessteuern unberührt lassen 
und daneben eine ausschließlich für Reichszwecke zu ver- 
wendende Einkommens- oder Vermögenssteuer einführen oder aber 
unter Aufhebung aller einzelstaatlichen Einkommen- und Vermö- 
28 LABAND, „Direkte Reichssteuern‘“, S. 39.
	        
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