— 242 —
baren Handlung abgesehen — der Polizei zu, wenn „der Bedrohte
selbst der Natur der Sache nach die Gefahr abzuwenden außer
stande ist“. Das ist ein Satz, der anscheinend dem öffentlichen
wie dem privaten Interesse in gleicher Weise gerecht wird; ein
Satz, der jedoch lediglich dem einschmeichelnden patriarchalisch-
eudämonistischen Gedankengange des Polizeistaats entspringt
und durchaus nicht geeignet ist, die klare Bestimmung der von
staatlicher Einwirkung freien Individualrechtssphäre zu bieten,
wie sie das öffentliche Recht des modernen Staates verlangt.
Tatsächlich ist dieser Satz auch nur ein Ueberrest der eudä-
monistischen naturrechtlichen Behandlung des Polizeirechts im
18. Jahrhundert, die ihn in ganz allgemeiner Weise (d. h. nicht
mit Beschränkung auf den Vermögensschutz) zur Bestimmung
der polizeilichen Befugnisse verwandte. In dieser allgemei-
nen Weise findet er sich noch in der ersten systematischen Be-
arbeitung des preußischen Polizeirechts, von FOERSTEMANN *.
Von diesem hat ihn das Oberverwaltungsgericht unter Beschrän-
kung auf den Fall des Vermögensschutzes Einzelner übernom-
men. Im positiven Recht findet er keine Stütze. Nach der all-
gemeinen Ermächtigung im $ 10. II. 17 ALV. kann die Frage
immer nur die sein: Liegt eine Gefahr für das Publikum oder
seine Mitglieder vor oder nicht? Wenn eine Gefahr für das
Publikum in seiner Gesamtheit vorliegt, so ist die polizeiliche
Kompetenz unzweifelhaft gegeben. Bei vermögensrechtlicher Ge-
fährdung der Mitglieder des Publikums aber ist folgendes zu be-
achten. Der Schutz der vermögensrechtlichen Interessen Ein-
zelner ist prinzipiell Gegenstand des Zivilrechts. Das Wesen
des Zivilrechts schließt aber polizeiliches Eingreifen aus, indem
die staatliche Ordnung gerade — ich folge hier O. MAYER *? —
darin besteht, „daß der Verletzte selbst berufen ist, die Besei-
tigung der Störung zu bewirken, und daß der Verletzer nur auf
#2 FOERSTEMANN a. 2. 0. SS. 6.
#3 Q, MAYER |], 262.