Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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baren Handlung abgesehen — der Polizei zu, wenn „der Bedrohte 
selbst der Natur der Sache nach die Gefahr abzuwenden außer 
stande ist“. Das ist ein Satz, der anscheinend dem öffentlichen 
wie dem privaten Interesse in gleicher Weise gerecht wird; ein 
Satz, der jedoch lediglich dem einschmeichelnden patriarchalisch- 
eudämonistischen Gedankengange des Polizeistaats entspringt 
und durchaus nicht geeignet ist, die klare Bestimmung der von 
staatlicher Einwirkung freien Individualrechtssphäre zu bieten, 
wie sie das öffentliche Recht des modernen Staates verlangt. 
Tatsächlich ist dieser Satz auch nur ein Ueberrest der eudä- 
monistischen naturrechtlichen Behandlung des Polizeirechts im 
18. Jahrhundert, die ihn in ganz allgemeiner Weise (d. h. nicht 
mit Beschränkung auf den Vermögensschutz) zur Bestimmung 
der polizeilichen Befugnisse verwandte. In dieser allgemei- 
nen Weise findet er sich noch in der ersten systematischen Be- 
arbeitung des preußischen Polizeirechts, von FOERSTEMANN *. 
Von diesem hat ihn das Oberverwaltungsgericht unter Beschrän- 
kung auf den Fall des Vermögensschutzes Einzelner übernom- 
men. Im positiven Recht findet er keine Stütze. Nach der all- 
gemeinen Ermächtigung im $ 10. II. 17 ALV. kann die Frage 
immer nur die sein: Liegt eine Gefahr für das Publikum oder 
seine Mitglieder vor oder nicht? Wenn eine Gefahr für das 
Publikum in seiner Gesamtheit vorliegt, so ist die polizeiliche 
Kompetenz unzweifelhaft gegeben. Bei vermögensrechtlicher Ge- 
fährdung der Mitglieder des Publikums aber ist folgendes zu be- 
achten. Der Schutz der vermögensrechtlichen Interessen Ein- 
zelner ist prinzipiell Gegenstand des Zivilrechts. Das Wesen 
des Zivilrechts schließt aber polizeiliches Eingreifen aus, indem 
die staatliche Ordnung gerade — ich folge hier O. MAYER *? — 
darin besteht, „daß der Verletzte selbst berufen ist, die Besei- 
tigung der Störung zu bewirken, und daß der Verletzer nur auf 
#2 FOERSTEMANN a. 2. 0. SS. 6. 
#3 Q, MAYER |], 262.
	        
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