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diesem Wege gezwungen werde“. Die Polizei würde hier durch
ihre Tätigkeit eingreifen einerseits in die Zuständigkeit der Zi-
vilgerichtsbarkeit, andererseits „in die Freiheit der Beteiligten,
deren Recht und Pflicht es ist, solche Dinge unter sich auszu-
machen, ohne daß die Gesellschaft sich anders darein legen
könnte als zur Hilfeleistung in der Form der Zivilrechtspflege‘“.
Die Gefährdung vermögensrechtlicher Interessen Einzelner kann
daher an sich nie — auch nicht wenn der Einzelne zur Abwehr
nicht imstande ist ** — ein polizeiliches Einschreiten rechtfer-
tigen, es muß vielmehr immer erst das öffentliche Interesse vor-
handen sein. Dieses aber kann gegeben sein nicht nur darin,
daß die abzuwehrende Handlung gleichzeitig eine Störung der
öffentlichen Ordnung darstellt, sondern auch darin, daß in dem
Einzelnen zugleich „das Publikum“ gefährdet ist. Die wichtigsten
Fälle solcher Gefahren aber werden nach dem Gesagten nicht
diejenigen sein, wo die Gefährdung von einer dritten Person aus-
geht, sondern diejenigen, wo sie durch Naturgewalten verursacht
ist. Wo all’ dies nicht der Fall ist, da liegt ein „lediglich pri-
vatrechtliches Verhältnis vor, dessen auch nur vorläufige — Re-
gelung (wie ein älteres Urteil des Oberverwaltungsgerichts be-
tont #5) Sache des Richters ist, sofern nicht der Polizei durch
ein besonderes Gesetz, wie z. B. in Gesindesachen, eine Mitwir-
kung übertragen sein sollte“.
ad. 2) Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsge-
richtes wird der Grundsatz der Unzuständigkeit der Polizei zur
Verfolgung ökonomisch-politischer Zwecke durchbrochen durch
das Notrecht: im Falle eines Notstandes soll die Polizei zum
Schutze von Vermögensrechten, ja sogar nicht nur zur Abwehr
von Störung, sondern zu positiver „Förderung wirtschaftlicher
Interessen“ z. B. der Nachbarn befugt sein *. Als Notstand sieht
“ Der Fall polizeilicher Unterstützung privater Selbsthilfe ist unten
besprochen. #5 OVG. 18. September 1878 (IV, 418).
#6 OVG. 8. November 1900 (XXX VII, 299); 13. Mai 1901 (XXXIX, 280).