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zuerkennen geneigt ist. Es hängt dies mit dem Bestreben zu-
sammen, in ausdehnender Interpretation sich im Zweifel zugun-
sten des Flüchtlings zu erklären, d. h. im Zweifel seine Tat als
ein politisches Delikt aufzufassen ®, Nach amerikanischer An-
schauung bildet die Auslieferung immer noch die Ausnahme,
wenn auch Bestrebungen vorhanden sind, sie zur Regel zu
machen. Sie wird nur gewährt, wo eine Pflicht dazu durch be-
sonderen Staatsvertrag begründet ist, und wird sogleich wieder
verweigert, wenn das an sich konventionell auslieferungspflichtige
Verbrechen nicht zweifellos gemein ist. Sobald es mit politi-
schen Momenten verquickt erscheint, gilt es als politisch und
asylwürdig.
Immerhin sind auch nach amerikanischer Ansicht einige
Einschränkungen zu machen. Es können, wie die Ge-
schichte der Revolutionen genugsam bezeugt, von einem Mit-
gliede der aufständischen Partei während der Bewegungen Ver-
brechen begangen werden, die nichts Politisches an sich haben
und daher der Auslieferung unterliegen müssen ®. Man braucht
nicht jedes Delikt, das zeitlich mit einem Aufruhr zusammen-
fällt, als politisches gelten zu lassen, sondern muß unterschei-
den, ob es in einem inneren Zusammenhang mit diesem steht
oder nicht. Die hiernach erforderliche — und zugestandener-
maßen oft sehr schwierige — Feststellung soll nach der subjek-
tiven Seite des Verbrechens, nach der Absicht des Täters ge-
troffen werden. Wenn sein Hauptzweck politischer Natur war,
dann soll seine Tat diesen Charakter teilen, und es soll gleich-
gültig sein, ob er auch unpolitische Nebenabsichten
erreichen wollte? Man ist sich des Bedenklichen dieser theo-
retisch einleuchtenden, praktisch aber ungemein schwer faßbaren
Unterscheidung wohl bewußt. Deshalb möchte man weitergehend
ım Anschluß an Ausführungen von JOHN WESTLARE die Ent-
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33 Ebendort p. 162. ® Ebendort p. 121. 3 Ebendort p. 121.