Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

— 260 — 
zuerkennen geneigt ist. Es hängt dies mit dem Bestreben zu- 
sammen, in ausdehnender Interpretation sich im Zweifel zugun- 
sten des Flüchtlings zu erklären, d. h. im Zweifel seine Tat als 
ein politisches Delikt aufzufassen ®, Nach amerikanischer An- 
schauung bildet die Auslieferung immer noch die Ausnahme, 
wenn auch Bestrebungen vorhanden sind, sie zur Regel zu 
machen. Sie wird nur gewährt, wo eine Pflicht dazu durch be- 
sonderen Staatsvertrag begründet ist, und wird sogleich wieder 
verweigert, wenn das an sich konventionell auslieferungspflichtige 
Verbrechen nicht zweifellos gemein ist. Sobald es mit politi- 
schen Momenten verquickt erscheint, gilt es als politisch und 
asylwürdig. 
Immerhin sind auch nach amerikanischer Ansicht einige 
Einschränkungen zu machen. Es können, wie die Ge- 
schichte der Revolutionen genugsam bezeugt, von einem Mit- 
gliede der aufständischen Partei während der Bewegungen Ver- 
brechen begangen werden, die nichts Politisches an sich haben 
und daher der Auslieferung unterliegen müssen ®. Man braucht 
nicht jedes Delikt, das zeitlich mit einem Aufruhr zusammen- 
fällt, als politisches gelten zu lassen, sondern muß unterschei- 
den, ob es in einem inneren Zusammenhang mit diesem steht 
oder nicht. Die hiernach erforderliche — und zugestandener- 
maßen oft sehr schwierige — Feststellung soll nach der subjek- 
tiven Seite des Verbrechens, nach der Absicht des Täters ge- 
troffen werden. Wenn sein Hauptzweck politischer Natur war, 
dann soll seine Tat diesen Charakter teilen, und es soll gleich- 
gültig sein, ob er auch unpolitische Nebenabsichten 
erreichen wollte? Man ist sich des Bedenklichen dieser theo- 
retisch einleuchtenden, praktisch aber ungemein schwer faßbaren 
Unterscheidung wohl bewußt. Deshalb möchte man weitergehend 
ım Anschluß an Ausführungen von JOHN WESTLARE die Ent- 
— 
33 Ebendort p. 162. ® Ebendort p. 121. 3 Ebendort p. 121.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.