Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Im besonderen hat jedenfalls das amerikanische Auslieferungs- 
recht in der Frage der politischen Delikte nichts weniger als 
Musterleistungen hervorgebracht, und die Amerikaner selbst sind 
weit entfernt, so etwas zu behaupten. Kann man von einer 
amerikanischen „Definition“ doch nur in euphemistischer Weise 
sprechen. In Wahrheit handelt es sich um recht unbestimmte 
Andeutungen, vage Gesichtspunkte, die im Einzelfall wieder alles 
einer willkürlichen Beurteilung anheimgeben ®’. Es darf in zahl- 
losen Fällen als unberechenbar bezeichnet werden, ob die Ver- 
einigten Staaten ein Verbrechen als politisch ansehen werden 
oder nicht. Das Unfaßbare in ihrer Anschauung hängt zum 
Teil damit zusammen, daß die rein politischen Verbrechen aus 
der Erörterung ausgeschieden werden. Man beschäftigt sich nur 
mit den gemischt politischen, d. h. den gemeinen, die in irgend 
einem Konnex mit politischen Momenten stehen, und setzt als 
selbstverständlich voraus, daß politische Treibereien in dem ver- 
folgenden Staat nachweisbar sein müssen. Kurzum, man be- 
schränkt sich auf eine Untersuchung derjenigen Vergehen, welche 
die belgisch - französische Terminologie als faits connexes & un 
länder charakteristische Wort muß als eine arge, durch Unkenntnis konti- 
nentaler Rechtszustände verschuldete Uebertreibung bezeichnet werden “, 
Auch in den Verhandlungen zu Washington wurde CLARKES Satz ungläu- 
big zitiert (siehe Proceedings p. 95). Vergl. ferner die Besprechung des 
CLARKEschen Buches im American Journal of International Law vol. 3 
(1909) p. 789. 
57 ARCHIBALD a. a. O. p. 1019 glaubt im Hinblick auf den Fall Rudo- 
witz die amerikanische Anschauung folgendermaßen wiedergeben zu kön- 
nen: „Aux Etats-Unis, le principe a ete adopte qu’il y a l& une question 
de fait, mais qu’une fois la question de fait resolue dans le sens qu’un 
crime est dans sa nature plutöt politique que d’ordre prive, le gouverne- 
ment americain ne permet pas l’extradition pour ce crime, alors m&me que 
les refugies auraient commis des assassinats. En resume nous pourrons 
dire que les Etats-Unis refuseront l'’extradition dans tous les cas oü l’on 
jugera que le refugie recherche, en commettant son crime, a voulu agir 
plutöt contre les oppressions d’un regime que contre les autorites gouver- 
nementales“. Hier klingt die ganze Unbestimmtheit der Anschauungen durch.
	        
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