Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

Bevor wir zu einem abschließenden Urteile über das Wesen 
des gegenständlichen Gesetzeswerkes schreiten, ist noch die Frage 
zu erörtern, ob man nicht wenigstens eine sachlich beschränkte oder 
teilweise Konstitution des Landes annehmen kann. Dafür würde 
trotz der festgestellten Abhängigkeit des Landes von Oesterreich- 
Ungarn und der Vorherrschaft des monarchischen Prinzips, wie wir 
gleich sehen werden, eine Reihe gewichtiger Argumente sprechen. 
Vielleicht ließesich ein solches Abhängigkeitsverhältnis des Lan- 
des und seiner Gesetzgebung von Oesterreich-Ungarn feststellen, 
welches einen Rest eigener, selbständiger staatlicher Funktionen 
für Bosnien-Herzegowina übrig ließe, so dab mit Bezug auf die 
grundsätzliche rechtliche Ordnung dieses teilweisen Selbstbestim- 
mungsrechtes von einer konstitutionellen Verfassung in beschränk- 
tem Sinne gesprochen werden könnte. Die Untersuchung dieser 
Frage fällt mit der Untersuchung der staatlichen Qualität Bos- 
nien-Herzegowinas zusammen. 
Die bosnischen Februargesetze sind in wesentlichen Bezieh- 
ungen österreichischen Verfassungsnormen nachgebildet; so in 
augenfälliger Weise die Regelung der allgemeinen bürgerlichen 
Rechte und der Landesangehörigkeit dem bezüglichen österrei- 
chischen Staatsgrundgesetze !'? und die Organisation der bosni- 
schen Landesvertretung und Landesgesetzgebung den österreichi- 
schen Ikandesordnungen. Man spricht in Oesterreich nicht bloß 
von einer Staatsverfassung, sondern auch von Landesverfassungen 
und bezeichnet mit letzteren die den einzelnen Kronländern im 
Zusammenhange mit der Aufrichtung des konstitutionellen Sy- 
stems für den Staat verliehenen Landesordnungen, durch welche 
2 Die hierhergehörenden Bestimmungen sind zum Teile wörtlich oder 
fast wörtlich dem österreichischen Staatsgrundgesetze vom 21. Dezember 
1867 R.G.B]. Nr. 142 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger ent- 
nommen.
	        
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