— 327 0 —
archie im Berliner Vertrage von 1878 übernommene Besetzung
und Verwaltung Bosnien-Herzegowinas als eine „auswärtige
Angelegenheit“ charakterisiert, da sie sich als die Durchführung
eines völkerrechtlichen Vertrages auf einem außerhalb der da-
maligen Grenzen der Monarchie gelegenen fremden Gebiete dar-
stellte. Aber die Voraussetzungen für die Subsumtion der bos-
nischen Verwaltung unter die auswärtigen Angelegenheiten haben
sich in dem Augenblicke vollständig geändert, als infolge der
Annexion an die Stelle des völkerrechtlichen Titels für
eine „provisorische“ österreichisch-ungarische Herrschaft in Bos-
nien eine staatsrechtliche Grundlage für die endgültige
Beherrschung des Landes geschaffen und diese durch eine be-
sondere Rechtsordnung geregelt wurde. Damit ist die Regierung
im Annexionsgebiete zu einer ausschließlich inneren Ange-
legenheit der Monarchie geworden. Da aber die Verwaltung des
neuen (Gebietes alle Funktionen staatlicher Herrschaft umfaßt,
so kann sie auch nicht unter den Begriff des Kriegswesens, und
ebensowenig unter den des Finanzwesens erschöpfend unter-
geordnet werden. So entstand denn, da die einheitliche Ver-
waltung des Landes durch selbständig neben einander wirkende
österreichische und ungarische Staatsorgane von vornherein aus-
geschlossen war, eine neue Art von gemeinsamen,
pragmatischen Angelegenheiten und damit war
zweifellos eine inhaltliche Erweiterung, eine Abänderung der
beiderstaatlichen Verfassungen herbeigeführt worden. Diese Neue-
rung durchbricht den in den beiden Ausgleichsgesetzen, nament-
lich dem ungarischen, mit so großem Nachdrucke ?® betonten
28 Das ungarische Ausgleichsgesetz vom 12. Juni 1867 (Ges. Art. XII von
1867) sagt in seinen $$ 1—4: Der pragmatischen Sanktion zufolge begrün-
det nur „die Verteidigung und Aufrechthaltung der gemeinsamen Sicherheit
mit gemeinsamen Kräften eine gemeinsame und wechselseitige
Verpflichtung“ zwischen den beiden Staaten, und zwar unter der
„Bedingung.... daß Jie verfassungsmäßige staatsrechtliche und innere
22*