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meinen eigenen Anschauungen von diesen Dingen in größerer Ueberein-
stimmung, als er selbst anzunehmen scheint, So wenn er 8. 8, für die pro-
zeßrechtliche Natur der Rechtskraft eintretend, von mir in der Note 3 be-
merkt, daß ich im Arch. f. öfl. R. XX], S. 21f. zuerst „noch auf dem ent-
gegengesetzten Standpunkte stehe“. Ich habe aber diesen entgegengesetz-
ten Standpunkt S. 21 ff. doch nur dazu so genau geschildert, um ihn dann
desto entschiedener zu verwerfen. Nach der Darstellung des Verfassers
sieht es aus, als hätte ich mich eıst im Verlauf meiner Abhandlung all-
mählich durch HELLWIG bekehren lassen. Ebenso bekennt er sich S. 28 zu der
Lehre von O. MUELLER (nicht „MÜLLER“, wie er ständig schreibt), wonach die
Form des beobachteten Verfahrens das Wesensmerkmal der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit sei, und rechnet es diesem zum Erfolg, daß ich mich jetzt,
1907, dieser Auffassung rückhaltslos angeschlossen habe, Ich habe aber
diese Auffassung nicht bloß gleichzeitig mit MUELLER 1895 in meinem deut-
schen Verwaltungsrecht vertreten, sondern auch schon 1886 in meiner
Theorie des franz. VR. S. 112 und im Arch. f. öff. R. 1886 S. 720 ff., bin
also ein sehr zuverlässiger Bundesgenosse.
In einem Punkte allerdings scheint mir ein wichtiger Gegensatz zu
bestehen. Aber auch hier überschätzt wohl der Verfasser dessen Tiefe.
Er will für den Zivilprozeß von einer absoluten Rechtskraft nichts wissen
(S. 18 Note 2); „die ZPıO. hat sich, meint er, mit der relativen Rechts-
kraftwirkung begnügt“. Die nämlichen Gründe sprechen auch gegen die
absolute_I Rechtskraft beim Verwaltungsurteil (8. 38 Note 2). „Es liegt auch
hier keine Veranlassung vor, .... auf eine absolute Rechtskraft besonderen
Wert zu legen“ (S. 39). Daran knüpft er sofort in Note 1 eine kräftige
Ablehnung des von mir behaupteten „Rechtes am Urteil“, das_der Partei
zustünde. Ich möchte aber nur fragen: was bedeutet nun die relative
Rechtskraft, die er dem Urteil zuerkennt? S. 17 und 18 gibt er die Schil-
derung davon. Durch die Bemühungen der Parteien „wird das konkrete
Recht gewissermaßen herausgearbeitet“ — die bekannte Formel! Sie kön-
nen daher „den einmal entschiedenen Streitfall nicht ein zweites Mal vor
Gericht bringen, vorausgesetzt, daß der Gegner widerspricht“. „Denn wie
den Streitpunkt selbst ein Recht der Parteien bildet, sohaben
diese auch ein berechtigte s Interesse an dem Urteil und
es steht bei ihnen, von einer ihnen günstigen Entscheidung Gebrauch zu
machen, wenn wiederum Streit über dieselbe Frage entsteht .... Auf die-
sen Grundsätzen beruht die Einrede der Rechtskraft.* Im Verwaltungs-
streitverfahren aber, meint der Verfasser, liegt schon gar keine Veranlas-
sung vor, „auf eine absolute Rechtskraft besonderen Wert zu legen, zumal
auch hier für die Unzulässigkeit des Rechtskraftverzichts bereits andere
Gründe maßgebend sind“ (8. 389). An sich müßte natürlich bei bloß rela-
tiver Rechtskraft ein solcher Verzicht zugelassen werden. Jene besonderen
„anderen Gründe“, die das gleichwohl ausschließen sollen (S. 38) sind kei-
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