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Nutzungen an öffentlichen Wegen (S. 107 ff.) bringen manchen neuen Be-
leg und manche neue Beleuchtung für diese schwierigen Lehren.
Der Verfasser verhält sich ablehnend gegen die Lehre vom öffentlichen
Eigentum, wie ich sie entwickelt hatte. Daß diese im Codex Theresianus
keine Stütze findet (8. 78), muß ich natürlich zugeben. Es handelt sich
ja dabei ganz und gar um Theorie, um den Versuch der Verdeutlichung
und besseren Verständlichmachung des bestehenden Rechts durch den Nach-
weis der es beherrschenden Ideen. Daß die Idee des Öffentlichen Eigen-
tums dem Codex Theresianus ebensowenig bewußt geworden ist, wie irgend
einer andern deutschen Gesetzgebung jener und späterer Zeit, ist klar. —
Der Verfasser hofft auskommen zu können mit der „Annahme eines privat-
rechtlichen Eigentums mit publizistischen Beschränkungen“ (S. 64 ff.). Ich
glaube, daß er sich hierin täuscht: diese Beschränkungen wären in Wahrheit
gar nicht „publizistisch“, sondern privatrechtlich gedacht und im deutschen
Recht — von dem er sich doch nicht wird trennen wollen — seit dem
BGB. nicht mehr möglich. Auch würde er für seine „publizistische“ Be-
schränkung die erforderlichen Rechtssubjekte nicht wohl anders beibringen
können als mit Hilfe des alten Fiskusbegriffes, den er verwirft.
In Wirklichkeit stimmen aber alle Einzelheiten, wie der Verfasser sie
ausführt, viel eher zum Öffentlichen Eigentum als zum fiskalischen Eigen-
tum mit publizistischen Beschränkungen. Er kann sich nur nicht ent-
schließen, den entscheidenden Schritt zu tun, den jene Auffassung verlangt
aus der Welt des Zivilrechts heraus in die des öffentlichen Rechts. Er hat
Ja Gründe für seine Weigerung und führt sie an. Sie scheinen mir aber
insgesamt nicht stichhaltig zu sein. Zwei entlehnt er von H, SCHELCHER.
Meine Lehre soll sich widersprechen, weil ich die Verwertung des Obstes
von den Straßenbäumen und des Grases an den Straßenböschungen gleich-
wohl in den Formen des Zivilrechts vor sich gehen lasse (8. 58). Aber das
ist ja eine bekannte Erscheinung, daß solche Nebendinge nach anderem
Rechte behandelt werden, als die Hauptsache, als das Grundstück selbst,
das die öffentliche Sache vorstellt. Auch das Zivilrecht behandelt die Ver-
fügung über solche „Früchte“ nicht nach Immobiliar-, sondern nach Fahr-
nisrecht. Noch leichter ist dem zweiten Einwande abzuhelfen : öffentliches
Eigentum sei nach meiner Lehre gar nicht möglich, weil ich dem Staate
subjektive öffentliche Rechte „im eigentlichen Sinn“ abspräche (8. 58). War-
um aber spreche ich sie ihm ab? Weil er viel mehr hat als einzelne
subjektive Rechte, rechtlich alles kann, was er will. Das schließt nicht
aus, daß man die einzelnen Entfaltungen dieser umfassenden Rechtsmacht
doch wie subjektive Rechte behandelt. Ich weiß nicht, ob ich nicht
vielleicht meine Lehre von den subjektiven öffentlichen Rechten im einen
oder andern Punkte etwas vorsichtiger fassen muß. Aber für die Frage
des öffentlichen Eigentums scheint sie mir jetzt schon kein Präjudiz zu
bilden.