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auf weiteres die geeignete Stellenvermittlung so, wie sie bei uns
als eine seit Menschenaltern eingebürgerte Einrichtung besteht,
beizubehalten, daß sie aber denjenigen Beschränkungen zu unter-
werfen sei, die notwendig sind, um die Mißstände zu beseitigen,
die zweifellos und unbestritten in diesem Gewerbe bestehen.
(Vgl. Erklärung des Staatssekretärs des Innern im Reichstag
am 15. Febr. 1910).
Die erhobenen Klagen wegen übermäßiger Höhe der Ge-
bühren, Förderung des Stellenwechsels, Verleitens zum Verlassen
der Stelle und zum Kontraktbruch, Vernachlässigung der Inter-
essen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, gewissenloser Aus-
beutung der Arbeitnehmer, Benachteiligung der öffentlichen In-
teressen, bestehen nach wie vor; es sind somit die Uebelstände,
zum Teil in verschärftem Maße noch vorhanden, die schon in
den Begründungen zu den Gewerbeordnungsnovellen vom 1. Juli
1883 und vom 30. Juni 1900 und zum Gesetz vom 2. Juni 1902,
betreffend die Stellenvermittlung der Seeleute, erörtert sind.
Durch Verschärfung der auf Grund des $ 38 der Gewerbeordnung
erlassenen Vorschriften hat man früher in verschiedenen Bundes-
staaten den Auswüchsen zu steuern versucht, ohne einen durch-
schlagenden, praktischen Erfolg zu erzielen. Unter diesen Um-
ständen erschien eine Aenderung der Gesetzgebung für erforderlich.
Der Bundesrat legte daher unterm 8. Februar 1910 dem
Reichstag einen Entwurf eines Stellenvermittlungsgesetzes vor.
Dieser wurde von einer Kommission von 21 Mitgliedern beraten.
Diese hat den Entwurf mit einer Reihe von Aenderungen und
in der Gestalt der jeweiligen Fassung angenommen. Von ver-
schiedenen Seiten, namentlich von den sozialdemokratischen
Reichstagsabgeordneten wurde die vollständige Aufhebung der
privaten Stellenvermittlungsbureaus und die obligatorische Er-
richtung von öffentlichen Arbeitsnachweisen gewünscht. Die So-
zialdemokratie hatte diesbezügliche Anträge gestellt und mit
allem Nachdruck begründet. Sie unterließ es aber, irgend eine