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und Verordnungen dem Reichskanzler in elsaß-lothringischen
Landesangelegenheiten überwiesenen Befugnisse und Obliegen-
heiten .... über“.
Hierin liegt nun u. E. der stärkste Beweis für unsere Ansicht.
Durch die Fassung des Gesetzes „zugleich“ wird ausgedrückt, dab
das in $ 2 Genannte zu gleicher Zeit wie etwas anderes geschieht.
Was ist nun dieses Andere? Die Uebertragung der landesherrlichen
Befugnisse? Nein, denn diese bilden ja den Gegensatz zu den
in 8 2 aufgezählten Ministerfunktionen und werden in jedem ein-
zelnen Fall durch kaiserlichen Erlaß, speziell bezeichnet, über-
tragen; oder die Ernennung? Das ist die herrschende Ansicht.
U. E. liegt hierin eine gänzliche Verkennung der Begriffe des
Amts, der Behörde und des jeweiligen Inhabers derselben. Der
Begriff „Amt“ ist in zweifacher Hinsicht von staatsrechtlicher
Bedeutung: Man versteht darunter sowohl die Gesamtheit der
Funktionen, welche zum Wirkungskreis eines Beamten gehören,
als auch das durch Beamte repräsentierte Organ *°. Und in die-
sem letzten Sinne ist es gleichbedeutend mit „Behörde“.
Anders formuliert können wir sagen: Das erste ist ledig-
lich ein abstrakter Begriff, das andere die sinnlich wahrnehn-
bare Erscheinung der abstrakten Institution. Das Amt bleibt
im Wechsel seiner Träger, z. B. das Reichskanzleramt bleibt,
auch wenn der Reichskanzler gestorben ist, und ein neuer noch
nicht ernannt ist. Und nun ist die Frage: Ist der Statthalter
eine solche Institution, die als dauernde gedacht ist, oder will
das (Gesetz, daß der Kaiser es in der Hand haben soll, nach
Belieben sie zu ephemerem Dasein zu erheben, oder nicht?
U. E. ist diese Frage entschieden dadurch, daß dem Kaiser das
Recht der Ernennung des jeweiligen Statthalters zusteht.
Denn Ernennung bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch
Einsetzung in ein schon bestehendes Amt. Es wird also die
#5 GEORG MEYER, Staatsrecht, Il. Teil, 2. Buch $ 106.