Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Durch Wahrnehmung dieser richterlichen (eschäfte 
werden die Berufskonsuln aber noch nicht zu „ersuchten Rich- 
tern“ (v. Könıs a. a. O. S. 324). 
Aus dem Gesagten ergibt sich: 
Zu den richterlichen Funktionen, die der Berufskonsul als 
Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit vornehmen kann, und ferner 
denjenigen, die ihm ausdrücklich gesetzlich zugewiesen sind, ge- 
hört nicht die Entgegennahme von Kirchenaustritten. Er darf 
daher diesen Akt freiwilliger Gerichtsbarkeit nicht vornehmen. 
Es muß dahingestellt bleiben, ob die spätere, nach Erlaß des KAG. 
erfolgte Gesetzgebung es absichtlich oder rein zufällig unterlassen 
hat, auch dem Berufskonsul Entgegennahme von Kirchenaus- 
tritten Deutscher nach Maßgabe des preußischen KAG. als Akte 
freiwilliger Gerichtsbarkeit zuzuweisen. 
Das Ergebnis unserer Untersuchung ist somit: der deutsche 
Jurisdiktionskonsul kann Kirchenaustritte nach Mab- 
gabe des preuß. KAG. entgegennehmen. Der deutsche Han- 
delskonsul (und zwar der Berufskonsul) ist hierzu nicht zu- 
ständig, da er nicht „Richter“ im Sinne des Gesetzes ist!?. Geht 
FGG. in Verbdg. mit $ 16 Abs. 4 des Reichsschuldbuchgesetzes v. 31. V. 
1910: Der Konsul erteilt mit Ermächtigung des Reichskanzlers, sofern eine 
solche ihm erteilt ist, Bescheinigungen an Rechtsnachf. von 'lodeswegen 
an den überl. Ehegatten und den Testamentsvollstr. und zwar darüber, daß 
den Genannten z. Verf. über eine im Reichsschuldbuch eingetrag. Forderung 
befugt sind. Der Konsul kann dazu ermächtigt werden, wenn der Erblasser 
zur Zeit des Erbfalls im Konsularamtsbez. seinen Wohnsitz oder gewöhn- 
lichen Aufenthalt hatte. 
ı2 Das Amtsgericht Berlin-Mitte entschied in diesem Sinne und konnte 
deshalb mit Rücksicht darauf, daß es die Kirchenaustrittserklärung vor 
dem deutschen Generalkonsul in London als nicht rechtswirksam ansah, 
daraufhin dem Antragsteller die Austrittsbescheinigung ($ 2 Abs. 8 KAG.) 
nicht erteilen. Das Landgericht I ZivilK. 4 hat durch Beschluß vom 24. Jan. 
1911 die Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen, 
weil der Austritt aus der Kirche vor dem Richter des Wohnorts stattfinde, 
der Antragsteller in Berlin aber weder einen Wohnsitz habe noch seinen 
Austritt vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte erklärt habe. Zu der Frage, ob
	        
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