— 42 —
der Autor nur scheinbar konstruktive, in Wahrheit deskriptive Jurisprudenz
bietet; ihm fehlt wenn nicht die Gabe, so doch der Wille, vom Unwesent-
lichen abzusehen. Die solchermaßen entstehende Theorie ist vielseitig im
schlimmen Sinne, sie enthält kein System, sondern eine eklektische Zu-
sammenfassung; sie wird in jedem ihrer Teile einem Stückchen Wirklich-
keit gerecht, aber nicht als Ganzes dem Wesentlichen.
Straßburg i. Els. Max Ernst Mayer.
Berthold Freudenthal, Die staatsrechtliche Stellung des
Gefangenen. Rede beim Antritt des Rektorats der Akademie in
Frankfurt a. M. (1909). ,
Es sieht bis jetzt so aus, als%wb die Strafrechtsreform die durch Alter
und Bedeutsamkeit ausgezeichnete Forderung, einheitliches Vollstreckungs-
recht zu schaffen, unerledigt lassen wollte. Aus den mannigfachen Gründen,
die für die Notwendigkeit eines Vollstreckungsgesetzes sprechen, hebt
FREUDENTHAL den staatsrechtlichen hervor. Die Gefangenschaft ist ein
Rechtsverhältnis, Rechte und Pflichten der Gefangenen müssen daher ge-
setzlich umgrenzt werden; die heute herrschenden Verwaltungsverord-
nungen sind unvereinbar mit dem Wesen des Verfassungsstaates, denn sie
widersprechen den staatsbürgerlichen Rechten. So enthalten z. B. die Dis-
ziplinarstrafen so erhebliche Eingriffe in die Freiheit der Person, daß ge-
setzliche Regelung durchaus notwendig ist.
Man muß dem Verf. dankbar sein, daß er in dieser Weise auf die
staatsrechtliche Seite der kriminalpolitischen Bestrebungen hingewiesen
hat; es bestand in der Tat die Gefahr, daß sie den Blicken entschwindet.
Man darf aber auch der Hoffnung Ausdruck geben, daß der Verf. selbst
ans Werk gehe, die Gefangenschaft als ein Rechtsverhältnis darzustellen,
konstruktiv und legislativ; denn seine Anregung verlangt, so willkommen
sie ist, eine Ausführung des Grundgedankens über die Grenzen hinaus, die
einer akademischen Rede gesetzt sind.
Straßburg i. Els. Max Ernst Mayer.
Akos von Timon, Professor, Ungarische Verfassungs- und
Rechtsgeschichte mit Bezug auf die Rechtsent-
wicklung der westlichen Staaten. Zweite vermehrte
Auflage, übersetzt von Dr. FELIX SCHILLER. Berlin, Putikammer und
Mühlbrecht 1909, 835 8.
Die bekannte Arbeit des Budapester Universitätsprofessers, Ministerial-
rates AKos von Tımon liegt nunmehr in der trefllichen Uebersetzung
Dr. F. SCHILLERs nach der dritten ungarischen Auflage, in zweiter Auf-
lage vor. Die über die Grenzen Ungarns hinausreichende Bedeutung dieser
auf breiter Quellengrundlage aufgebauten, umfangreichen Arbeit fand in