Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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gleichen Paragraphen, was natürlich ein Irrtum wäre. — Nach $ 45 Abs. 1 
HGB. kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlegung 
der Handelsbücher einer Partei anordnen. Bisher wurde allgemein ange- 
nommen, dieser Satz bilde das bewußte Gegenstück zu den zivilprozessualen 
Vorschriften ($% 425 ff. ZPO.), nach denen das Gericht gezwungen ist 
die Vorlegung einer Urkunde zu gebieten (vgl. auch Denkschrift zum Ent- 
wurf eines Handelsgesetzbuchs S. 3163); Verfasser weiß es besser; $ 45 
Abs. 1 HGB. veranschaulicht für ihn sogar die allgemeine Regel, daß das 
Gesetz das Wort „kann“ „sehr oft verwendet, um die Pflicht der Beweis- 
erhebung anzudeuten‘; 8. 85. — Die merkwürdigste Entgleisung dieser 
Art ist wohl die Auslegung von $ 4 Abs. 2 StGB., der verfügt: „Jedoch 
kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reiches verfolgt werden... .“ 
„Daß hier kein freies Ermessen gewährt wurde — meint Verfasser —, geht 
aus $ 152 Abs. 2 StPO. unzweifelhaft hervor.“ Dabei enthält $ 152 Abs. 2 
a. a. O. in den Worten: „soweit nicht gesetzlich ein Anderes bestimmt ist“ 
ausdrücklich eine Einschränkung des Legalitätsprinzips.. Dem Verfasser 
blieb verborgen, daß & 4 Abs. 2 StGB. zu diesen gesetzlichen Bestimmungen 
gehört. — Die angeführten Stellen sind nur Proben von der Eigenart des 
Verfassers, deutsche Gesetze mißzuverstehen; Ref. könnte noch mehr solcher 
Behauptungen zur Sprache bringen (z. B. S. 16 — $ 23 Abs. 2 GewO., 
S. 88 — $ 147 Abs. 4 GewO.); die Auffassung des Verfassers mag ja „nach 
der Natur der Sache“ oder nach den „natürlichen Rechtssätzen‘, auf die 
er sich mit Vorliebe beruft (z. B. S. 11, 13, 93), begründet sein: die deutsche 
Wissenschaft jedenfalls und die deutsche Praxis wird ihm für derartige 
Belehrungen geringen Dank wissen. 
Auch die Ausführungen des Verfassers über das französische Recht 
sind nur mit Vorsicht aufzunehmen. Dafür nur einige Stichproben. So hält 
es Verfasser für eine Unklarheit und ein Schwanken in der Rechtsprechung 
des französischen Staatsrats (S. 171, 173), daß der Beschwerdeführer im 
Falle „Lesbats“ obsiegte, im Falle „Bonhomme“ zurückgewiesen wurde 
(S. 172). Tatsächlich handelt es sich hier um die verschiedenartigsten 
Dinge. Im Falle Lesbats hatte die Behörde in den wirtschaftlichen Wett- 
bewerb mehrerer Omnibusbesitzer durch Begünstigung eines Unternehmers 
eingegriffen; ım Falle Bonhomme hatte sich die Verwaltungsbehörde 
enthalten, den privatrechtlichen Streit über das Eigentum an einer 
Quelle auch nur inzidenter dadurch zu entscheiden, daß sie vor Erledigung 
des privatrechtlichen Streites den Beschwerdeführer zur Herstellung einer 
Wasserleitung autorisierte. Im Falle Lesbats überschritt die Behörde ihre 
Machtbefugnisse; im Falle Bonbomme hätte die Behörde in die Zuständig- 
keit der Gerichte übergegriffen, wenn sie anders als geschehen gehandelt 
hätte, da auch privatrechtliche Inzidentfragen nach französischer Auf- 
fassung der Zuständigkeit der Verwaltung entrückt sind (vgl. DALLoz, V° 
competence administrative n. 171ff.). — S. 186 wird behauptet, im Falle
	        
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