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des berüchtigten Diktaturparagraphen als ein symptomatisches
Zeichen einer nach einem bestimmten Ziele zustrebenden Poli-
tik aufzufassen ist.
89.
2, Das staatsrechtliche Nachfolge-Verhältnis
des Statthalters zum Reichskanzler.
I. Bevor wir der Untersuchung des Umfangs der Kompe-
tenz des Statthalters nähertreten, erscheint es von Interesse, und
auch wegen der bestehenden Kontroversen von Wichtigkeit, zu
untersuchen, wie sich rechtlich das Verhältnis des Statthalters zu
dem Reichskanzler darstellt. Denn die Kompetenz des ersteren ist
heute, nach Abstreifung der außerordentlichen Gewalten, die ur-
sprünglich zur Kompetenz des Oberpräsidenten gehörten, und, wenn
man absieht von den landesherrlichen Befugnissen, die ja nur eine
rechtlich fakultative Eigenschaft des Statthalters darstellen, mit
der des Reichskanzlers in seiner früheren Eigenschaft als Spezial-
Reichskanzler für E.-L. identisch.
Dieses Verhältnis ist in zweifacher Beziehung zu untersuchen:
einmal ohne Rücksicht auf die jetzt bestehenden Verhältnisse
rein in seiner zeitlichen Differenzierung, d. h. wie staatsrecht-
lich das sogenannte „Nachfolger“-Verhältnis zu konstruieren und
zu bewerten ist; dann auf Grund der heutigen Verhältnisse,
welche Wechselwirkungen auf Grund der jedem zustehenden
eigenen Kompetenzen sich ergeben.
II. Wenn wir den Statthalter den Sukzessor des Reichs-
kanzlers bez. elsaß-lothringischer Landesangelegenheiten nennen,
folgen wir damit einer weit verbreiteten Gewohnheit. Der Be-
griff „successio“ ist ein rein privatrechtlicher. Man versteht
darunter das Eintreten in die Rechtssphäre eines anderen und
zwar infolge eines Rechtsgeschäftes oder kraft Gesetzes (z. B.
von Todeswegen). Immer aber leitet der Sukzessor seine Be-