Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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wiederum die Steuern, Gerichtsgefälle etc. an den preußischen Staat über, 
der dafür die Schulden, soweit sie auf den übernommenen Objekten lasteten, 
übernehmen mußte. Zu den Passivis gehörten außer den Anleihen für die 
Erbauung der verschiedenen Eisenbahnen auch die Kriegskontribution von 
5747000 Gulden. Denn in dieser Höhe hatten (s. S. 67) der bisherige 
Bürgermeister und ein Senator als Regierungsbevollmächtigte des komman- 
dierenden preußischen Generals ein Darlehen bei der Frankfurter Bank für 
den „Staat Frankfurt“ als Schuldner aufgenommen. Nachdem dieser Staat 
nicht mehr existierte, die provisorische Staatsgewalt aber auf den komman- 
dierenden General, in dessen Auftrag beide handelten, übergegangen war, 
mußte notwendig Preußen hierdurch verpflichtet werden, und das noch 
besonders aus dem (Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, da 
die (#elder nur zum Teil als Sold Verwendung gefunden hatten. Es war 
daher, wie MICHEL zutreffend ausführt, weniger ein Entgegenkommen als 
die Erfüllung einer gebotenen Pflicht, wenn sich Preußen endlich zur Ueber- 
nahme dieser Schuld verstand. Von den weiteren Ausführungen MIcHELs 
verdient noch besondere Erwähnung die Kritik, die er an der rechtswidrigen 
Eixpatriierung Frankfurter Bürger übt, die auf Grund des Gesetzes von 
1842 die Entlassung ihrer minderjährigen Kinder aus dem Staatsverbande 
nachgesucht und, obne jedoch Frankfurt zu verlassen, das Schweizer Bürger- 
recht erworben hatten, zu dem nachgewiesenen Zweck, ihre Söhne der 
preußischen Wehrpflicht zu entziehen. Die daraufhin von seiten Preußens 
1869 erfolgten Ausweisungen wurden damit begründet, daß die Entlassung 
zum Zweck der Auswanderung erteilt, diese aber nicht erfolgt sei. MICHEL 
hält dem entgegen, daß die bedingungslos erteilte Entlassung nicht nach- 
träglich durch eine weder gesetzlich noch vertraglich hinzugefügte Be- 
dingung beschränkt werden konnte. Mit MICHEL bin auch ich der Ansicht, 
daß Preußen unbedenklich diese „Schweizer“ Bürger, an deren Staatsange- 
hörigkeit die Schweiz ausgesprochenermaßen kein Interesse nahm, wegen 
des der Naturalisation fehlenden Ernstes als Inländer hätte behandeln und 
zum Militärdienst heranziehen können. Noch einige Worte über die in 
Kap. VIIl behandelte Rechtslage der Frankfurter Beamten! Grundsatz der 
völkerrechtlichen Praxis ist, daß der Beamte, sofern er im Staats- 
dienst behalten wird, verlangen kann, im gleichen oder gleichwertigen Amt 
unter Fortentrichtung seines alten Gehalts, belassen zu werden. Schwierig- 
keiten ergaben sich aber in concreto insofern, als in Frankfurt, abgesehen 
von den Staatsdienern I. und II. Klasse, auf die ohne weiteres der völker- 
rechtliche Grundsatz Anwendung findet, noch die „Senatoren“ vorhanden 
waren. Besorgten diese auch neben den staatlichen Geschäften städtische, 
so war es doch unzutreffend, wenn Preußen deshalb anfangs nur die Hälfte 
ihrer Gehalts- und Pensionsansprüche übernehmen wollte. Vielmehr waren 
sie, das Ministerium des Staates Frankfurt, somit lediglich Staatsbeamte 
und brauchten wegen der Eigenart ihrer Stellung auch keine andere Stelle
	        
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