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den immer stärker wachsenden Ansturm des seiner Rechte und Macht be-
wußten Volkes auf das sich hinter ein Gottesgnadentum verschanzende
Fürstentum.
Dr. Franz Schneider.
Gino Solazzi, Del Diritto elettorale politico. Saggio primo:
incapacita e impedimenti. Bologna 1910.
SOLAZZI ist einer jener Staatsrechtler, die über das Privatrecht zum
öffentlichen Recht gekommen sind. Der vorliegende Teil seines Werkes,
eine Abhandlung über die Wahlrechtsschranken, weist auch jene ausge-
sprochene zivilistische Technik und Methode auf, wie wir sie z. B. bei
LABAND finden. Man gewinnt bei der Lektüre fast den Eindruck, als ob
SOLAZZI die Einführung der zivilistischen Methode für die Untersuchungen
auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts die Hauptsache gewesen sei und
als habe er den Stoff nur der Methode zuliebe gewählt.
Was die praktischen Resultate SoLAzzıs anlangt, so gibt er in seiner
Abhandlung ein ganzes System der „politischen Handlungs- und Geschäfts-
fähigkeit“. Und mag nun auch sein System keinen Anspruch auf absolute
Allgemeingültigkeit machen, so ebnet es doch den Weg aus dem gerade
auf dem Gebiete der Wahlrechtsschranken herrschenden Begriftiswirrwarr
zur Einigung auf feste und allgemeingültige Begriffe.
Dr. Franz Schneider.
Dr. Paul Kaufmann, Präsident des Reichsversicherungsamts, Fünfund-
zwanzig Jahre Unfall- undInvalidenversicherung,
Redebeider Jubelfeierder Unfall- und Invaliden-
versicherung am 1. Oktober 1910.
Man kann bei Kundgebungen wie dieser geradezu von Zeichen der
Zeit sprechen und die Phantasie wünscht sich einen Rousseau, Friedrich
den Großen oder Napoleon herbei, um solchen Bericht über ein Viertel-
jahrhundert sozialer Arbeit mitanzuhören. Ja, es ist viel geschehen, um
die Lösung der Arbeiterfrage im Rahmen der bestehenden Verfassung des
Staates zu versuchen, Die 8 Milliarden, welche in der Form der deutschen
Arbeiterversicherung seit 1885 zum Ausgleich der zerstörten oder gemin-
derten Erwerbsfähigkeit geleistet worden sind, sind eine bedeutende Tat.
Mit dieser Summe hat das Prinzip des Versicherungszwanges sich seinen
Eihrenplatz in der deutschen Rechtsordnung neben dem Prinzip der Wehr-
pflicht und dem Schulzwang gesichert. Der Präsident des Reichsver-
sicherungsamtes hat in seiner Rede einen trefflichen Kommentar zu dieser
Leistung gegeben und die Verdienste aller gerühmt, die dabei praktisch
mitgewirkt haben. Das höchste Verdienst an der praktischen Durchführung
der Unfall- und Invalidenversicherung haben sich zweifellos die Leiter