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Staatsverwaltung, und jeder Angestellte, dem unter eigener
Initiative — die rein mechanische Hilfstätigkeit fällt also fort —
ein Teil der Beförderung anvertraut ist, ist somit Beamter.
Der Briefträger und Postillon *%, der Bahnwärter und Lokomotirv-
führer (nicht aber der Heizer) und das gesamte Personal der
Post- und Eisenbahnverwaltung sind darum Beamte.
Es ist aber zu beachten, daß ım Verhältnis zum Publikum
Post und Eisenbahn nicht als obrigkeitliche Institute fungieren.
Es sind obrigkeitliche Institute, die zu den Bürgern in Privat-
rechtsverhältnisse treten, wenngleich der Bürger einen öffentlich-
rechtlichen Anspruch auf Eingehung dieses Privatrechtsverhält-
nisses hat. Im Verhältnis zum Publikum nimmt daher Post
und Eisenbahn keine andere Rechtsstellung ein als etwa die
Paketfahrtgesellschaft oder irgend eine Dampfschiffahrtsgesell-
schaft. Insoweit kommt auch m. E. die Beamtenqualität der
Angestellten nicht in Betracht. Wenn daher ein Passagier einen
Bahnbeamten besticht, ihn ohne Karte fahren zu lassen, so liegt
weder aktive noch passive Bestechung vor; und dieses Resultat
entspricht insbesondere bei der aktiven Bestechung durchaus
dem Rechtsgefühl, das nicht zugeben kann, daß ein und dieselbe
Handlung auf einem Postdampfer begangen nach so ganz andern
Maßstäben beurteilt werden soll als bei einem privaten Passa-
gierdampfer. Die bisherige Praxis macht leider diese unbe-
friedigende Scheidung #7 ®8,
Nicht jede öffentlichrechtliche Institution,
die sich auf das Gesetz stützt, hat ohne weiteres staats-
hoheitlichen Charakter. Börsen, Innungen, Aerztekam-
mern, die Reichsbank, Staatsbanken usw. sind alles Institute,
die sich auf das Gesetz gründen. Dennoch sind sie keine ver-
86 Vgl. Derıus 166,
e 2. B. RGStr. 10. 326.
ee Näheres über die Fragen des privatrechtlichen oder öffentlich-recht-
lichen Fungierens einer Staatsbehörde bei JELLINEK 221 woselbst weitere
Verweisungen.