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bergischen Wahlsystem, die Stimmenhäufung Anwendung gefunden
hat, ist es für den Wähler meistens unmöglich, alle seine Kan-
didaten in eine bestimmte Rangordnung zu setzen. Die Zahl
der Kombinationen, in denen der Wähler seine Stimmen zwischen
den Kandidaten verteilen kann, ıst sehr beschränkt, und er wird
nicht umhin können, zweien oder mehreren von seinen Kandida-
ten die gleiche Stimmenzahl zu geben und dadurch eine Unter-
scheidung in der Rangordnung dieser Kandidaten unmöglich zu
machen. Dies gilt von den Systemen mit unbeschränkter Stimmen-
häufung. Ist diese aber beschränkt wie in Württemberg, so
treffen die oben entwickelten Erwägungen in noch größerem
Maße zu.
Ein Versuch, das Problem der Rangordnungsbestimmung
innerhalb der Listen zu lösen, wurde ım Jahre 1863 in Frank-
furt von BURNITZ und VARRENTRAPP gemacht’.
In ihrem System der graduierten Stimmgebung, das ein
System der Minderheitsvertretung und kein Proportionalwahl-
system darstellt, machen sie den Vorschlag, die Abstimmung so
zu gestalten, daß in Wahlkreisen mit drei Abgeordneten jeder
Wähler für drei Kandidaten stimmen darf, aber nur die Stimme
für den ersten Kandidaten als eine Stimme gerechnet wird, die
Stimme für den zweiten als eine halbe, die für den dritten Kan-
didaten als ein Drittel.
Dieses System hat auch in der Anwendung als Minderheits-
vertretungssystem den großen Nachteil, daß es — konsequent durch-
gedacht — das Mischen (Panachieren) der Kandidaten aus verschie-
denen Wahlvorschlägen verbietet. Ist das Panachieren zugelassen,
so bekommt die Gradation (erster Kandidat 1 Stimme, zweiter !/,,
dritter '/; Stimme) eine große parteipolitische Bedeutung, da doch
das System der Gradation entscheidet, welchen Teil der
Wahlkraft des Wählers jede Partei aus einem gemischten Stimm-
! Siehe CAun, Das Verhältniswahlsystem in den modernen Kulturstaaten.
Berlin 1909. S. 10 ff.