Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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der Fassung des $ 120 gemacht hat, Aufhebung und Ersatz 
durch eine neue. 
Sicher ist, daß mit diesem unglücklichen Texte König und 
Volksvertretung ihren übereinstimmenden Willen, den & 120 
der Verf.-Urk. abzuschaffen, keineswegs unzweideutig bekundet 
haben. Ist aber ein Zweifel an der Auslegung möglich, so muB 
nach dem eingangs Hervorgehobenen immer im konservativen 
Sinn entschieden werden, im Sinn des unversehrten Fortbestan- 
des des Verfassungstextes. 
Im vorliegenden Falle machen sich noch besondere Erwä- 
gungen geltend, die nach der gleichen Richtung drängen. 
Weshalb soll man jetzt so plötzlich eine völlige Streichung des 
8120 gewollt haben? Der sächsische Gesetzgeber, um den essich han- 
delt, ist nicht nur im allgemeinen sehr konservativ. Er pflegt 
auch noch insbesondere den äußeren Bestand seiner Verfassungs- 
urkunde eifersüchtig zu wahren. Die der Sächsichen Verfassung 
zugrunde liegende Vertragsidee spielt dabei ihre Rolle In 
den Verhandlungen der I. Kammer zum ersten (gescheiterten) 
Entwurf des Gesetzes vom 12. Oktober 1874 hat der Referent 
Graf Hohenthal diesen Standpunkt mit kräftigen Worten betont 
(Mitth. 1. Kammer 1871/73 Bd. 2 S. 1810). Damit stimmt es 
überein, daß die wirklich stattgehabten Verfassungsänderungen, 
wenn wir sie genauer betrachten, sich nie als reine Streichungen 
darstellen. Es findet immer zugleich Ersatz statt und wird da- 
für gesorgt, daß der von der Verfassung beherrschte Stoff an 
Umfang nicht geringer werde. Eine Ausnahme bildet nur das 
soeben erwähnte Gesetz vom 12. Oktober 1874. Es bringt 
zweierlei Verfassungsänderungen. Unter I heißt es: „In der 
Verf.-Urk. werden $ 67 Abs. 2 und 3 usw. aufgehoben und 
treten an deren Stelle folgende Bestimmungen“. Unter II da- 
gegen wird alsdann gesagt: „Ebenso werden die $$ 33 usw. auf- 
gehoben. Ueber die dort berührten Gegenstände wird so weit 
nötig durch die Landtagsordnung Bestimmung getroffen“. Dem
	        
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