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Verfassungsänderung noch von Formen, die in dieser Hinsicht
zu beobachten seien.
Bei den Kammern wurde die Sache dann mit großer Schnel-
ligkeit erledigt.
In der 2. Kammer fand die erste Beratung des Entwurfes
in der Sitzung vom 20. Januar 1909 statt (Landt.-Mitt. 1908/09
2. K. Bd. V 8. 5048ff.). Von Verfassungsänderung ist noch
keine Rede. Im Gegenteil: die Redner sprechen immer nur
von einer „Neuregelung der Diätenfrage“, „Diätenerhöhung‘“,
„Tagegeldererhöhung“, „Bestimmung der Diäten im Wege des
Bauschquantums“ (Abg. Merkel, Bauer, Günther, Hübner und
Finanzminister v. Rüger).. Man drückt sich so aus, als handle
es sich nur um eine neue Art, die in Verf.-Urk. $ 120 gegebene
Zusage von Tagegeldern zu erfüllen. Daß man im Begriffe sei,
den $ 120 durch Annahme des $ 12 des Eintwurfes ganz aus
der Welt zu schaffen, davon scheint niemand das Bewußtsein
gehabt zu haben.
Die Sache ging an die Deputation. Schon andern Tages,
21. Januar 1909, war sie zur Schlußberatung gediehen. Und
hiezu erst bemerkte der Präsident ganz kurz bei Eintritt in die
Verhandlung: „daß wir bei $ 1 zu einer namentlichen Abstim-
mung kommen, um die verfassungsmäßige Zweidrittelmehrheit
festzustellen“. So geschah es. Auch über das ganze Gesetz
wurde zuletzt noch einmal namentlich abgestimmt und der Prä-
sident erklärte: „Für das Gesetz ist daher die erforderliche
Ziweidrittelmehrheit erreicht“ (Landt.-Mitt. S. 5115, 5116). Also
nicht zu & 12, sondern für die ganze „Neuregelung der Diäten-
frage“ hat man die Erfüllung der Verfassungsänderungsformen
für nötig gehalten, namentlich auch für den grundlegenden 8 1.
Warum? Das ist nicht zum Ausdruck gebracht worden. Offen-
bar sind hinter der Bühne Aussprachen erfolgt. Welche Erwä-
gungen dabei zur Geltung kamen, das erfahren wir erst gelegent-
lich der Beratung des Entwurfs in der ersten Kammer.