Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Literatur. 
Dr. Otto Frhr. v. Dungern. Das Staatsrecht Egyptens. Graz 
1911. 126 S. 8°. 
Die Schrift gibt, wie schon ihr Umfang zeigt, keine detaillierte und 
systematische Darstellung des öffentlichen Rechts wie sie sonst bei der Be- 
handlung des öffentlichen Rechts moderner Staaten üblich ist, sondern eine 
allgemeine Charakteristik der Verfassung und völkerrechtlichen Stellung 
Egyptens. Maßgebend dafür ist die vom Verf. mehrfach hervorgehobene 
Tatsache, daß in Egypten — sowie in anderen Staaten des Orients — der 
Inhalt der Gesetze sich mit dem tatsächlich bestehenden Rechtszustand 
nicht deckt, daß Formeln, welche längst veraltet sind, angewendet werden 
und daß die eigentliche Bedeutung von Gesetzen, Privilegien und anderen 
Rechtsurkunden durch die angewendete Form oft mehr verdunkelt, als auf- 
geklärt wird. Die bei der Behandlung des Rechts der westeuropäischen 
Staaten befolgte Methode der Interpretation der Gesetze ist daher unan- 
wendbar um das wirklich geltende Recht zu erkennen; man muß im Gegen- 
teil von dem Wortlaut absehen und sich an die praktische Handhabung 
und die Gewohnheit halten. Dies gilt namentlich auch von dem Firman 
des Sultans, durch welchen der Khedive bestätigt wird; wenn man sich an 
den Wortlaut desselben hält, gelangt man, wie der Verf. nachweist, zu 
einer theoretischen Auffassung des Verhältnisses Egyptens zur Türkei, 
welche dem wirklich bestehenden Rechtszustand widerspricht. Das Resul- 
tat der Untersuchungen des Verf. besteht im wesentlichen in folgenden 
Sätzen: der Türkei gegenüber ist Egypten der Sache nach unabhängig und 
selbständig; dabei werden aber althergebrachte Formen beobachtet und 
Ausdrücke angewendet, welche den äußeren Schein einer staatlichen Unter- 
ordnung erwecken. Den Großmächten, namentlich in besonderem Grade 
Großbrittannien gegenüber ist Egypten ihrer Einwirkung und Mitregierung 
unterworfen, äußerlich wird aber die Form beobachtet, daß dadurch die 
Selbstbestimmung Egyptens nicht angetastet wird; selbst die Befehle der 
englischen Beamten werden nur als „Ratschläge“ bezeichnet. Die in Egyp
	        
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