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nung eine doppelte Grenze gesetzt. Der eine Grund liegt in der Homo-
genität des Lehrstoffes, der andere im Interesse des „Nachwuchses“.
1. Unter Homogenität des Lehrstoffes verstehe ich die objektive Bewertung
der Fächer in ihrer Beziehung zur Universitas literarum und zum
praktischen Bedürfnis. Während der Wert der Fächer im Verhältnis zur
Universitas im ganzen ein stetiger ist, kaun das praktische Bedürfnis ganz
erheblich schwanken und wechseln. Die Universitäten zeigen im ganzen
in ihrer Gliederung nach Fakultäten und Fächern das Bild der Stetigkeit
und darin erblicke ich ihren unveräußerlichen Vorzug vor den Fachschulen;
zäh halten sie an einer uralten Ueberlieferung fest und die Ordinariate
sind im Großen und Ganzen die starken Stämme dieser Ueberlieferung.
Das praktische Bedürfnis treibt mitunter aus diesen Stämmen mächtige
Aeste hervor, in denen sich die Fachordnung wandelt ohne doch zu zer-
fallen. So haben namentlich die Chemie und die Mediein ihre zahlreichen
Sonderfächer aus sich hervorgebracht, desgleichen auch die Philologie, die
Rechtswissenschaft und die Nationalökonomie. Auch in der Theologie und
reinen Philosophie fehlt es nicht an solchen Trieben. Solch neue Fächer
brauchen nicht immer der angewandten oder praktischen Wissenschaft zu-
zugehören, sie können auch rein theoretisch sein. Unsere Vorlesungsver-
zeichnisse geben ein lebendiges Bild dieser Entwickelung. Es entspricht
m. E. dem Universitätsinteresse, daß die Fächerordnung dieser Entwicklung
in Aesten und Wurzeln nach Möglichkeit entgegen komme, Je tiefer die
Wissenschaft auch im Lehrfache gründet, desto mehr fordert sie auch ein
gewisses Maß von Spezialistentum. Um die die Lehre zusammenfassenden
Ordinariate sollten sich deshalb in möglichster Fülle die spezialisierenden
Extraordinariate gruppieren. Und dieser objektiven Forderung entspricht
auch durchaus der normale Entwicklungsgang des Gelehrten, der wenn er
ein gründlicher Forscher und Darsteller des ganzen Faches werden will,
immer als ein Spezialist beginnen muß. Daher bleibt es die Wahrheit: die
Ordinariate gehören den ganzen Fächern, die Etraordinariate den Spezial-
fächern. Jeder Extraordinarius sollte vor allem Spezialfächer, d.h. das was
er zunächst allein wirklich kann, lesen. Wenn sein Lehrauftrag oder seine
venia weiter geht, so soll das vor allem nur dazu dienen, daß er das
größere Fach zu beherrschen lerne, um es später als Ordinarius vertreten
zu können.
Dies fübrt zum zweiten Punkte.
2. Universitäten und Fakultäten bedürfen des „Nachwuchses“. Das
Heranwachsen in Wissenschaft und Lehrberuf ist eine eigene Sache. Die
absolut richtige Formel dafür, ist noch nicht gefunden. Je älter man in
seinem Fache wird, desto mehr sieht man ein, daß dieses Wachstums kein
Ende ist. In irgend einem Stadium seines Wachstums wird man besten-
falls ein Ordinarius. Mancher hat mit diesem Ziele auch schon das Ende
seines Wachstums erreicht. Andren kann es geschehen, daß sie, zum Ordi-