Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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Jahre 1740 im wirklichen Besitz des Adels sich befunden und 
desselben nach der Zeit nicht verlustig gemacht haben, der soll 
in seinen adligen Rechten durch den Fiskus nicht beunruhigt 
werden. 
($ 19) Wer entweder selbst oder wessen Vorfahren vierund- 
vierzig Jahre hindurch sich adliger Prädikate und Vorrechte ruhig 
bedient und also ein ausdrückliches und stillschweigendes An- 
erkenntnis des Staates für sich hat, für den streitet die recht- 
liche Vermutung, daß ihm der Geschlechtsadel wirklich zukomme. 
(8 20) Dagegen ist die nur ein- und anderes Mal geschehene 
Beilegung adliger Prädikate in gerichtlichen oder anderen öffent- 
lichen Ausfertigungen zum Beweise des Geschlechtsadels für sich 
allein noch nicht ausreichend.“ 
Zwei Gründe sind es also, die, von der Regel des $ 9 ab- 
gesehen, einen (um in der Sprache des preußischen Landrechts 
zu reden), unanfechtbaren Adelsbesitz gewähren: Entweder der 
Adelsprätendent muß im Normaljahr 1740 den Adel besessen, 
oder aber es muß eine Art Adelsersitzung, gestützt auf ruhige 
Führung des Adelsprädikats, stattgefunden haben. Während der 
erste F'all ohne weiteres klar ist, hat sich an den zweiten ein 
wahrer Rattenschwanz von Streitfragen angeknüpft. Mit Rück- 
sicht darauf, daß der $ 19 den Schlüssel der folgenden Unter- 
suchung, soweit sie das preußische Landrecht zum Gegenstand 
hat, bildet, wird auf diese Gesetzesbestimmung näher einzu- 
gehen sein. 
Wenn wir soeben die ruhige Führung des Adelsprädikats 
während 44 Jahren als eine Art von Ersitzung bezeichnet haben, 
so ist damit unser Standpunkt, daß der $ 19 mehr als eine Be- 
weisregel darstellt, und das Wort „vermuten“ in einem anderen 
Sinn als dem einer praesumptio iuris im technischen Sinn auf- 
zufassen ist, klargestellt. In der Tat ist die von THIELE im 
Arch. f. ö. R. XXIV, S. 92 aufgestellte Behauptung, daß dieser 
„Vermutung“ die Bedeutung einer Fiktion zukomme, so einleuch-
	        
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