Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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87. Das Verhältnis Elsaßb-Lothringens zu den 
Einzelstaaten und zum Reich. 
Es ist zwar als Grundsatz des deutschen Reichsstaatsrechts 
anzusehen, daß die dem deutschen Reiche angehörenden Staaten 
gleichmäßig behandelt werden, d. h. ihre rechtliche Stellung zum 
Reich nach dem Prinzip der Gleichberechtigung geregelt ist. Je- 
doch ist dieser Grundsatz zunächst kein absoluter, insofern 
als bei der Bewertung der einzelnen Staaten deren Machtstel- 
lung in der Verfassung seinen Ausdruck gefunden hat z. B. ın 
der Einräumung von mehreren Stimmen im Bundesrat. Aber auch 
über den Rahmen relativer Gleichberechtigung hinaus gibt es ein 
absolutes Postulat: die Anerkennung der Existenz als Staat, so- 
lange die übrigen Bundesglieder existieren®®. Dies ist die 
Grenze der Reichsgewalt, die selbst durch Art. 78 IT RV. nicht 
überschritten werden kann. 
So kann man sagen, daß die Anerkennung der Existenz der 
Einzelstaaten negativ absolut gewährleistet ist, positiv 
aber nur relativ. Daraus resultiert, daß die Verleihung von 
Rechten an einen Einzelstaat, die diesen in einzelnen Beziehun- 
gen bevorzugen 
1. nicht immer als ein Verstoß gegen das Prinzip der Gleich- 
berechtigung darstellt, wenn es sich durch die Relativität 
des Gleichberechtigungsbegriffes rechtfertigen läßt *, 
2. daß die Verleihung von Sonderrechten — die sich als Ver- 
stoß gegen das Prinzip der Gleichberechtigung im relativen 
Sinne darstellen — nicht das Wesen des Bundesstaats irri- 
tiert. Nur der Verstoß gegen den negativen Inhalt des 
Prinzips ist mit dem Wesen des Bundesstaates nicht ver- 
einbart. 
3 Vgl. Anm. 31 und LagBanD a. a. OÖ. Ba. IS. 117. 
% In diesem Sinne sehen wir auch in der Stimmverteilung bei Ver- 
leihung von 8, 4, 6, 17 Stimmen kein Reservatrecht, keine Ausnahme vom 
relativen Gleichberechtigungsprinzip.
	        
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