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in der rechtlichen Bewertung der konkreten Merkmale zu suchen.
Wir haben für den bisherigen Stand der Dinge die Ansicht ver-
treten, daß E.-L. weder Staat, noch Teil eines Staates im Sinne
von Kommunal- und Verwaltungsbezirk sei, vielmehr Bestandteil
des deutschen Reiches im Sinne eines Territoriums des nord-
amerikanischen Staatsrechts.
Wir vermögen unter den neuen durch das Gesetz geschaf-
fenen Verhältnissen diese Ansicht nicht mehr aufrecht zu er-
halten. Vor allem aber aus dem Grunde, weil E.-L. Sitz und
Stimme im Bundesrat hat. Aus demselben Grund vermag aber
auch der Begriff des Vasallenstaats nicht als ein zur Subsum-
tion für E.-L. geeigneter angesehen zu werden. Der Vasallen-
staat kann nicht an dem Organ teilnehmen, das den Willen des
Oberstaates bildet. Die Teilnahme setzt grundsätzlich ein co-
ordiniertes Verhältnis voraus. Die quantitativ geringe Beteili-
gung ändert hieran nichts. Ein Vasallenstaat hat als essentielles
Merkmal die subordinierte Stellung gegenüber dem Oberstaat in
jeder Beziehung. Würde E.-L. die Landesgesetzgebung im heu-
tigen Umfange und in der heutigen Form unter Ausschluß der
Reichsgesetzgebung gegeben worden sein, so blieben unsere obigen
Ausführungen über die Kompetenzausscheidung quoad jus gleich-
wohl richtig, und es würde, wenn nicht die Verleihung der Bun-
desratsstimmen hinzugekommen wäre, eine objektiv (in unserem
Sinn) verschiedene Staatsgewalt existiert haben, die aber voll-
kommen abhängig vom Reich und somit subordiniert gewesen
sein würde. Durch die Beteiligung am Bundesrat ist aber die
Annahme dieser Möglichkeit genommen.
Also wäre E.-L. Staat und Angehöriger des deutschen Reichs,
ihm fehlt aber die Fähigkeit, die wir als Grundrecht jedes Mit-
gliedsstaates bezeichnet haben: nur seiner Hoheitsrechte mit
seinem Willen beraubt zu werden. Andererseits ist aber die
Beteiligung am Bundesrat mit generellem dezisivem Votum ein
3 Vgl. meinen Aufsatz im Arch. d. Öff. Rechts Bd. 96.