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im Sinne des Preßgesetzes; die Projizierung seiner photographi-
schen Serienbilder auf eine Wand sei lediglich deshalb erforder-
lich, um die Bilder einer Mehrzahl von Personen gleichzeitig
zugänglich zu machen; lediglich dadurch unterscheide er sich
von dem sogenannten Kinetoskop, bei welchem die Bilder immer
nur von einer einzigen Person besichtigt werden könnten; dieser
rein technische Unterschied sei aber rechtlich vollkommen un-
wesentlich. Bei den kinematographischen Vorführungen kämen
durch mechanische oder chemische Mittel bewirkte Vervielfälti-
gungen von bildlichen Darstellungen zur Verbreitung; das Reichs-
preßgesetz sei also infolgedessen anwendbar.
Daß der Film eine Vervielfältigung einer bildlichen Dar-
stellung ebenso wie andere Photographien ist, wird allgemein zu-
gegeben und kann auch mit guten Gründen kaum bestritten wer-
den. Zweifelhaft kann eigentlich nur sein, ob der Film, wenn
er im Kinematographentheater mittelst des Projektionsapparates
vorgeführt wird, auch im Sinne des Reichspreßgesetzes „verbrei-
tet“ wird. Ich bin nun in diesem Punkte nicht der gleichen
Meinung wie Reichert, kann aber an dieser Stelle der Abhand-
lung, wenn ich nicht vorgreifen will, meine Ansicht nicht näher
begründen ; ich kann daher augenblicklich die Reichertsche Theo-
rie nicht widerlegen, will aber nur soviel bemerken, daß ich
den von CoHun gegen REICHERT angeführten Grund nicht für
stichhaltig halte. CoHN meint, REICHERT unterschätze die Bedeu-
tung der Projektion, denn sie sei keineswegs nur ein rein techni-
scher Vorgang, um den Film gleichzeitig vielen sichtbar zu ma-
chen, sondern sei vielmehr „die Verschmelzung der zahlreichen
auf dem Film befindlichen Bilder zu einem einheitlichen, durch
Handlung belebten Bilde“. Dieser Ansicht, welche auch von
WERTH in seiner dankenswerten Dissertation vertreten wird®,
5 CoHn, „Kinematographenrecht“ (Berlin 1909) S. 17.
6 WerTH „Oeffentliches Kinematographenrecht“ (Erlanger Diss., Han-
nover 1910) S. 25 £.