Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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mütern bereiten konnte, vermochte man darauf hinzuweisen, daß diese Vor- 
schrift ja nur für die Maßnahmen des einstigen „Bundespräsidiums“, nicht 
aber des einstigen „Bundesfeldherrn“ (Art. 63) gelte; und war die Kontro- 
verse erst auf den preußischen Boden herübergespielt, so durfte angesichts 
des Wortlauts des Art. 44 VU. billigerweise das bekannte (und gewiß nicht 
überall unbegründete) Argument von den durch die Verfassung nicht tan- 
gierten althergebrachten Prärogativen der Krone Verwendung finden. Es 
kam also letzten Endes auf die Behauptung eines auf konstanter Uebung 
beruhenden Gewohnheitsrechtes hinaus, dem gegenüber die interdizierenden 
Verfassungsbestimmungen sich als machtlos erwiesen hatten; und es galt 
nur noch, den Umfang des der konstitutionellen Verantwortlichkeit ent- 
rückten Bereiches kriegsherrlicher Kompetenzen genauer zu umgrenzen. 
Gerade diese Aufgabe aber hatte bislang aller Versuche ihrer Lösung ge- 
spottet; und zwar scheiterte die empirische (induktive) Methode jedesmal 
an dem auf Schritt und Tritt sich offenbarenden Schwanken der Praxis; 
die spekulative (deduktive) Methode aber an der freilich nicht klar er- 
kannten Tatsache, daß das zu Grunde gelegte Einteilungsprinzip kein ein- 
heitliches war, insofern die Kommandogewalt ein qualitativ ausgezeichnetes 
Subjektionsverhältnis, die Militärverwaltung aber einen quantitativ abzu- 
grenzenden Geschäftsbereich andeutete. 
An dieser Stelle setzt der Verfasser die kritische Sonde ein. Ist es 
richtig, daß mit dem Ausdruck „Kommandogewalt“ ein intensiverer Ge- 
horsamsanspruch der Staatsgewalt in militärischen Angelegenheiten be- 
zeichnet werden sollte — und nur diesen Inhalt kann jener Begriff in der 
Tat haben —, so ergibt sich die zwingende Folgerung, daß die Grenzen 
dieser Kommandogewalt nicht auf sachlichem sondern auf personellem Boden 
gewonnen werden müssen. Die Frage kann nicht dahin gestellt werden: 
in welchen Angelegenheiten — sondern nur dahin : welchen Personen gegen- 
über jener potenzierte Gehorsamsanspruch bestehe ? Und aus der korre- 
spondierenden verschärften Gehorsamspflicht beraus muß sich dann, wenn 
überhaupt, die Verbindlichkeit auch der unkontrasignierten Dienstbefehle 
deduzieren lassen. Den Schlüssel zur Erklärung dieses Phänomens bietet 
nun aber die Ueberlegung, daß die „Unbedingtheit“ des vom Soldaten ge- 
schuldeten Gehorsams gerade darin seinen Ausdruck findet, daß ihm das 
Recht der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines ihm erteilten Befehls zumal 
in dem Umfange fast gänzlich versagt ist, in dem den sonstigen Unter- 
gebenen eines staatlichen Gewaltverhältnisses umgekehrt eine Prüfungs- 
pflicht zukommt. Während nämlich jeder Beamte gehalten ist, die for- 
mellen Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit einer Anordnung (Zuständigkeit 
des Befehlenden, eigene Zuständigkeit, Formerfordernisse) auf eigene Ver- 
antwortung hin zu prüfen, reduziert sich diese Prüfungspflicht beim Sol- 
daten dank einer dreifachen Anomalie seines Unterwerfungsverhältnisses 
— Abstraktheit des Vorgesetztenverhältnisses, inhaltliche Unbeschränktheit
	        
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