Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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sers die Anschaulichkeit alten deutschen Rechtsempfindens erblicken zu 
dürfen geglaubt, so erscheint mir im Sinne dieser, seiner eigenen Charak- 
teristik, sein Werk der ganzen Tendenz nach als eine einzige Verkörperung 
der Eigensinnigkeit germanischer Ideologie: „Recht muß Recht bleiben“. 
K. Wolzendorff. 
Neubecker, Dr. F.K., Universitätsprofessor in Berlin, Zwang und Not- 
stand in rechtsvergleichender Darstellung. 1 Band: 
Grundlagen. Der Zwang im Öffentlichen Recht. Leipzig 1910, 341 S. 
Verf. will eine rechtsvergleichende Darstellung der Lehre vom Zwang 
und Notstand im System des Privatrechts geben. Der vorliegende Band 
enthält die allgemeinen Grundlagen für die Untersuchung sowie eine Betrach- 
tung der Bedeutung des Zwangs im Öffentlichen Recht, als Vorbereitung 
für den Hauptteil des Werkes. Verf. geht von der Begrifisbestimmung aus, 
daß Zwang die Anwendung von Gewalt seitens eines Menschen gegen einen 
andern als Motiv zur Herbeiführung einer Handlung oder Unterlassung ist. 
Nach einer ethischen Beurteilung des Zwangs und seiner Folgen unter- 
nimmt Verf. eine Darstellung der allgemeinen Rechtsgrundsätze, deren Aufgabe 
er — unter Verwahrung gegen den Vorwurf, Naturrecht zu betreiben — 
erblickt in der Feststellung der juristischen Kategorien und der für die 
rechtsvergleichende Untersuchung maßgebenden Gesichtspunkte. Als Aus- 
gangspunkt findet er den Grundsatz des modernen allgemeinen Staatsrechts, 
daß die Ausübung von Zwang prinzipiell nur dem Staate zusteht, private 
Zwangsausübung daher prinzipiell rechtswidrig erscheint. Der Staat reagiert 
deshalb gegen den von Privaten ausgeübten Zwang und zwar ist seine 
Reaktion verschieden, je nach der Art der erzwungenen Handlungen, die 
Verf. für seine Untersuchung in die zwei großen Gruppen der Kontrakte 
und Delikte teilt. Die physisch erzwungene Willenserklärung existiert 
rechtlich gar nicht, gegen die psychisch erzwungene geht die staatliche 
Reaktion auf Aufhebung ihres Erfolges, was im heutigen Recht zu un- 
gunsten des Drohenden (Lösung des Gezwungenen von seinem Wort nur 
Reflexwirkung) geschieht: das Rechtsgeschäft besteht, sein Erfolg soll aber 
verhindert werden. Ebenso bleibt das Delikt Delikt (daher zu Schadensersatz 
verpflichtend) gleichgültig, ob es durch Zwang verursacht ist, oder nicht. 
Durch letztere Beurteilung wird jedoch der Frage nach der Duldungspflicht 
desjenigen, der unter der Notstandshandlung leidet, nicht präjudiziert. 
Für Verf. ist dies ein Beweis für die Unrichtigkeit des Satzes, daß jedem 
Recht eine Pflicht entspreche und umgekehrt. Ohne hierauf einzugehen, 
sei jedoch dem Gedanken Raum gegeben, daß die fehlende Korrelation von 
Pflicht und Recht in diesem Falle sich vielleicht dadurch erklärt, daß die 
anscheinend einander gegentberstehenden Rechte und Pflichten gar nicht 
ein gegenseitiges privatrechtliches Rechtsverhältnis darstellen, daß vielmehr
	        
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