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gestellt ist, versehen. Auch in Bayern übt der Staat das alleinige
Anstellungs- wie Gesetzgebungsrecht über diese Anstalten ohne
den Religionsvereinen eine Mitwirkung zu gewähren.
1. Die Rechtsverhältnisse der Hausgeistlichen an Gefan-
genenanstalten sind insbesondere geregelt durch Minist.-
Entschl. vom 17. Juni 1865: Der Hausgeistliche hat eine völlig
selbständige, von dem Ortspfarrer unabhängige Stellung, ist je-
doch, wie die übrigen selbständig gestellten Geistlichen, der Auf-
sicht der kirchlichen Oberbehörden unterworfen. Visitationen,
welche von letzteren angeordnet werden, sind in einer Weise
und zu einer Zeit vorzunehmen, daß dadurch die eingeführte
Ordnung in der Anstalt nicht gestört wird. Der Hausgeistliche
wird von seiner kirchlichen Oberbehörde nur einfach admittiert
und kann daher nach Erfordernis der Umstände jederzeit von
seinem Posten entfernt werden, insofern ihm nicht etwa durch
besondere Verleihung pragmatische Rechte zustehen, sowie vor-
behaltlich des Anspruchs auf einen angemessenen Unterhaltungs-
beitrag im Falle unverschuldeter Dienstunfähigkeit und einer
zur Zufriedenheit zurückgelegten Dienstzeit. Die „Aufstellung‘
desselben erfolgt nach vorgängiger gutachtlicher Einvernehmung
der kirchlichen Oberbehörden durch das Ministerium der Justiz ?®
im Benehmen mit dem Kultusministerium, seine Verpflichtung
erfolgt vom Vorstande der Anstalt in vorgeschriebener Weise.
Der Hausgeistliche hat die Seelsorge bei den Gefangenen
in ihrem vollen Umfange durch Unterricht in der Glaubens-
und Sittenlehre, durch Besprechungen mit einzelnen Gefangenen
und durch Spendung der Sakramente zu üben, die Gottesdienste
in der Anstaltskirche abzuhalten und die Beerdigung der Ge-
28 Nach der Minist.-Entschl. vom 17. Juni 1865 erfolgte die Anstellung
durch das Ministerium des Innern im Benehmen mit dem Minist. d. Innern
für Kirchen- und Schulangeleg.; durch Verordnung vom 27. Nov. 1869 wurde
jedoch die Leitung und Beaufsichtigung der Strafanstalten dem Justiz-
ministerium übertragen.