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Allein gerade bei der vorliegenden Frage kommt es auf die
in der Literatur vertretenen Meinungen um so weniger an, als
ein nicht geringer Teil der Schriftsteller das Problem nicht so
sehr vom Standpunkte des positiven Rechts, als mit Rücksicht
auf das, was nach ihrer Ansicht Recht sein sollte, behandelt hat.
Es ist aber zu prüfen, ob im geltenden Völkerrechte ein Satz
des behaupteten Inhaltes gefunden werden kann.
Völkerrechtssätze können, der Natur der von ihnen zu regeln-
den zwischenstaatlichen Lebensverhältnisse entsprechend, nicht
anders als durch Willenseinigung mehrerer oder vieler Staaten
entstehen. Solche Einigung kann geschehen durch ausdrückliche
Vereinbarung der Staaten in Form rechtsetzender „Staatsverträge*.
Einen Staatsvertrag, aus dem sich eine Entscheidung unseres
Falls gewinnen läßt, gibt es nicht. Aber jene Willenseinigung
vollzieht sich auch in ebenso großem, ja vielleicht in noch größe-
rem Umfange durch sogenannte stillschweigende Vereinbarung,
d. h. durch eine solche, bei der die beteiligten Staaten durch
konkludente Handlungen den Willen kundgeben, an eine Regel
bestimmten Inhalts fortan gebunden zu sein, oder das Vorhanden-
sein einer solchen, für ihr Verhalten maßgebenden Regel aner-
kennen. Was man Bildung internationalen Gewohnheitsrechts
oder internationaler Staatenpraxis zu nennen pflegt, ist eine be-
sonders wichtige, wenn auch keineswegs die einzige Form dieser
Rechtsschöpfung. Vgl.:
TRIEPEL, a. a. O. S. 90 fl.
Was nun die Befreiung fremder Staaten von inländischer
Gerichtsbarkeit anlangt, so besitzen wir eine ganze Reihe staat-
licher Erklärungen, die den aufgestellten Erfordernissen ent-
sprechen. Nicht nur solche, die in streitigen Fällen vom frem-
den Staate gerichtliche Enthaltsamkeit forderten, — diese für
sich allein würden natürlich ohne Beweiskraft sein —, sondern
solche, die selbständig oder auf Grund geschehener Reklamation
des Auslandes die Exemtion des fremden Staates als Inhalt einer