Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

— 312 — 
Dagegen ist für die Standessitten die Wandelbarkeit nach Zeit 
und Ort bezeichnend, wie denn z. B. England und Frankreich 
die Einklagung des Anwaltshonorars verpönen, während dies bei 
uns als kein Verstoß gegen die Standessitte angesehen wird. 
Haben wir bisher den zweiten Bestandteil des Begriffes der 
juristischen Ethik betrachtet, so ist jetzt noch ein Wort über 
die Bedeutung des „Juristischen“ zu sagen. Es handelt sich 
hier um die Begrenzung des Personenkreises, für den die Vor- 
schriften der juristischen Ethik Geltung haben. Nicht jeder, der 
eine juristische Vorbildung genossen hat, auch nicht jeder, der 
eine Rechtskenntnisse erfordernde Tätigkeit ausübt, gehört zu 
diesem Personenkreise, sondern nur die Diener am Recht, d.h. 
diejenigen Personen, die an der Ausübung der Rechtspflege aktiv 
beteiligt sind. Das sind vor allem der Richter, der Staatsan- 
walt und der Advokat. Natürlich auch Assessoren und Referen- 
dare. Es dürfen aber auch die Subalternbeamten, die juristi- 
sche Vorbildung genossen haben und als Gehilfen dieser Kate- 
gorien innerhalb der Rechtspflege mittätig sind, nicht außer Be- 
tracht bleiben. Auszuscheiden haben dagegen z. B. Unterbe- 
amte, die rein mechanische Dienste leisten, denn sie sind keine 
aktiven Diener am Recht. 
Wir gelangen nun nach unseren bisherigen Ausführungen 
zu folgender Begrifisbestimmung der juristischen Ethik: Die 
juristische Ethik ist der Inbegriff der beson- 
deren Pflichten eines Rechtskundigen hinsicht- 
lich seines praktischen Verhaltens in seinem 
Berufd.h. der Ausübung der Rechtspflege und 
als Angehöriger des juristischen Standes. 
Die Aufgaben der juristischen Ethik im einzelnen darzu- 
stellen, ist Sache eines Systems der juristischen Ethik. In dieser 
Abhandlung kann es sich nur darum handeln, die Grundlinien 
eines solchen Systems zu skizzieren. Damit entfällt die Forde-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.