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rung der Vollständigkeit; es soll jedoch versucht werden, wenig-
stens die wichtigsten Gesichtspunkte aufzustellen.
Der Systematiker wird sich zunächst nach einem Eintei-
lungsprinzip umzusehen haben. Schon an diesem Punkte ergibt
sich eine erhebliche Schwierigkeit. Denn bei vielen Pflichten
ist nicht ohne weiteres klar, gegen wen sie sich richten. Andere
wieder sind gegen mehrere Kategorien gleichzeitig gerichtet, wo-
mit ihre Einreihung in eine Stelle des Systems sich schwer
vereinbaren läßt. Je nachdem es sich mehr um den einzelnen
Bürger, der in Berührung mit dem Richter, sei es während der
Ausübung der Rechtspflege, sei es im Privatleben des Richters
kommt, oder um allgemeinere Manifestationen seines Verhaltens
handelt, in welchem Falle der Staat die erste Instanz ist, auf
welche Rücksicht zu nehmen wäre, fallen diese Pflichten zunächst
unter die Rubrik „gegen das Publikum“ d.h. die einzelnen Bürger
oder gegen den Staat. Die Pflicht des Beamten zur Verschwie-
genheit richtet sich einmal gegen das Publikum, sie besteht aber
auch gegenüber dem Staate, und zwar indirekt, sofern es der
Nutzen des Publikums erfordert, direkt z. B. bei Beratungen
und inneren Vorgängen in der Rechtspflege, weil, abgesehen von
anderen Gründen, eine gerechte Kritik in diesem Falle, wo nur
halbes an die Oeffentlichkeit dringt, nicht möglich ist. Die Pflicht
zu einem achtungswürdigem Verhalten in und außer dem Amte
läßt sich sowohl unter dem Gesichtspunkte der Wahrung der
Standeswürde, also in der Richtung gegen die Berufsgenossen,
als auch gegen den Staat in ihrer Eigenschaft als Teil der Dienst-
pflicht des Beamten als eines einheitlichen Menschen, als auch
endlich gegen das Publikum gerichtet auffassen. Trotz dieser
Schwierigkeit, die MOLL zum Verzicht auf ein festes System bei
der Darstellung der Aerztlichen Ethik veranlaßt hat, wird man
wenigstens für unsere Zwecke unter Vorbehalt anderweiter Grup-
pierung für einen Systematiker der juristischen Ethik folgende
drei Hauptabteilungen für die Darstellung der juristischen Pflichten-