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mentarischen Leben. Hier ergeben sich interessante Parallelen
zwischen unseren heutigen Verhältnissen und denen früherer
Zeit sowie des Auslandes, namentlich Frankreichs und Englands.
Die Grenzen der politischen Wirksamkeit sind verschiedene, je
nachdem es sich um den Anwalt und den beamteten Juristen
handelt, von denen an dieser Stelle der Richter einer selbstän-
digen Würdigung bedarf. Man hat ihn vom politischen Partei-
wesen, das auf Macht abzielend mit den Grundsätzen strenger
Gerechtigkeit nicht zu vereinbaren sei und Gefahren für die
richterliche Unabhängigkeit in sich berge, ganz fern halten wol-
len. Städteordnungen schließen die Richter und auch die Be-
amten der Staatsanwaltschaft von der Wählbarkeit zum Stadt-
verordneten aus ($ 17 der Städteordnung für die sechs östlichen
Provinzen der preußischen Monarchie vom 30. Mai 1853), was
sich in einer Zeit, die im Reichstage und den Landtagen zahl-
reiche Richter sieht, nicht mehr rechtfertigen läßt. Auch den
Richtervereinen, soweit sie die Interessen dieses Standes gegenüber
dem Staate vertreten, gebührt an dieser Stelle eine Betrachtung.
Hier wird auch von der schwierigen Frage des Koalitionsrechts
der Beamten zu sprechen sein.
Il. Pflichten gegenüber dem Publikum. Dem
Diener am Rechte geziemt eine ernste, regelmäßige und einfache
Lebensführung in Haushalt und Verkehr. Die Einfachheit läßt
den ungleichen Vermögensverhältnissen genügend Raum, gemeint
ist nur, daß unnötiger Aufwand und Luxus sich mit dem Ernste
des Berufes und dem Charakter des Standes nicht vertragen.
Hiermit soll selbstverständlich nicht gesagt sein, daß sich der
Jurist, namentlich der Richter, von anderen würdigen Gesell-
schaftskreisen etwa zurückziehen soll, im Gegenteil kann es auch
für ihn nur von Nutzen sein, Einblick in andere Lebensverhält-
nisse zu gewinnen. Im Verkehr mit dem rechtsuchenden Publi-
kum hat sich insbesondere der Richter eines leidenschaftslosen,
auch den Schein der Parteilichkeit vermeidenden Verhaltens, das