Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Organe, Legitimitäts- und Loyalitätsnormen, verbürgt durch Nichtigkeits- 
und Ungültigkeitsdrohungen, durch die Einrichtung der Ministeranklage 
und soweit es sich um die Herbeiführung ihrer gewaltsamen Abschaffung 
handelt, durch die Strafsanktion gegen Hochverrat: „Daran sollt ihr er- 
kennen, was mein Wille ist. Ihr sollt keine anderen Götter haben neben 
mir. Denn ich der Ewige bin Euer Gott.“ Aus diesem Grunde ist aber 
jedes Stadium des Gesetzgebungsprozesses nicht minder rechtlich relevant 
als jedes Stadium des Zivil-, des Straf-, des Verwaltungsprozesses, sofern 
es wesentlich ist für die Realisierung des vom Staate zur Sicherung der 
Echtheit seiner Rechtssätze vorgeschriebenen Gesetzgebungsprozeß- 
rechtes. Der sanktionsfähige Beschluß des Parlaments, die publi- 
kationsfähige Gesetzessanktion ist juristisch ebenso relevant, wie der Ab- 
schluß des Beweisverfahrens und der formal gültige publikationsreife Ge- 
richtsbeschluß. Sanktionsfähigkeit und Publikationsfähigkeit gehören ebenso 
dem System der Rechtsordnung an wie die Rechts-, die Wahlfähigkeit. Der 
Minister darf bei Gewärtigung der Folge staatsgerichtlicher Verurteilung 
nur den sanktionsfähigen Beschluß zur Sanktion vorlegen und nur das 
publikationsfähige Gesetz publizieren. Damit erledigt sich auch die Kritik, 
die LuxAs?° an der LapAanD’schen Konstruktion des monarchischen Sank- 
tionsakts übt und der KELSEN einen ganz unverdienten Beifall zollt ?”. 
Lukas gelangt durch eine irreführende Uebertragung der Vorstellungen 
von der Kausalität des Naturgesetzes auf das Gebiet des menschlichen, 
gewillkürten Zwecken angepaßten juristischen Vorstellungslebens dazu, 
selbst entgegen dem verfassungsmäßigen Zurechnungssatze, daß die Sank- 
tion, oder um mit KELSEN zu sprechen, die Statuierung des Rechtssatzes 
dem Monarchen zukomme, daß somit der befolgbare und anwendbare Ge- 
setzeswille, als Satzung des Monarchen und nur des Monarchen in die Er- 
scheinung treten könne und müsse, zu dem Ergebnis, daß wegen der in 
positiven Recht begründeten Unentbehrlichkeit der parlamentarischen Zu- 
stimmung doch auch das Parlament Mitgesetzgeber sei?®. Mittels dieser 
sophistischen Gleichstellung der Ursachen einesnatürlichen Geschehens mit den 
gewillkürten Voraussetzungen (der condicio tacita) gewillkürter 
rechtlicher Wirkungen gelangt man zu einer vollständigen Entstellung der im 
Gesetze geordneten juristischen Zurechnung, zu einer Mißachtung der in 
den Rechtssätzen über die. echte Form der Rechtssätze sich ausdrückenden 
Befolgungs- und Anwendungsregeln, die als gewillkürte Sätze Rechtssubjekt, 
rechtswirkenden Willen und Rechtswirkung willkürlich zu verknüpfen 
25 Prozeßrecht gehört in die Jurisprudenz wie Embryologie in die 
Biologie. 
» Die rechtliche Stellung des Parlaments (1901), S. 41 ff. 
2? KELSEN a. a. O. 8. 417. 
» A, a. O., 8. 418.
	        
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