Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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findung, das ganze Verfassungsrecht als Gesetzgebungsprozeßrecht, das 
Verwaltungsrecht als ausgesprochenes Recht der von staatswegen zu ver- 
folgenden Zwecke, die rechtsstaatlichen Einrichtungen zur Aufhebung des 
nicht disziplinarwidrigen Unrechts der Organe der Exekutive, die Fest- 
stellung der das Recht beherrschenden, darum juristischen Vorstellungen 
aus dem Rahmen rechtswissenschaftlicher Behandlung hinauszufallen hätte, 
ohne daß eine Uebernahme dieses verwaisten Forschungsstoffs durch eine 
andere Wissenschaft zu erwarten wäre und daß binter dem Schleier, den 
KELSEN von dem Geheimnis des Rechts begriffs weggezogen zu haben 
vermeint, bei genauer Betrachtung nichts zu sehen sein wird 5%, 
Ernst Landsberg, Geschichte der deutschenRechtswissen- 
schaft. Dritte Abteilung. München und Berlin 1910, Oldenbourg. 
Rezensieren ist kein ganz erfreuliches Geschäft und manch einer tut 
nur mit, um nicht diese erste Bewertung der wissenschaftlichen Arbeit 
ganz und gar in die Hand der Anfänger zu legen, wie das sonst unab- 
weislich geschieht. Gerade darum bedeutet es für den Rezensenten einen 
Sonntag, wenn er ein so prächtiges Buch, wie das angezeigte, zu be- 
sprechen hat. Im mächtigen Strom fließt diesem die Darstellung dahin 
und bietet auch dem, der etwas von der Materie zu wissen glaubt, eine 
Fülle von neuen Tatsachen und Zusammenhängen. Zudem liegt auf dem 
Stoffs zur Formulierung als subjektiven Rechts und als subjektiver Pflicht, 
scheint mir KELSEN, S. 664 ff., mehr Schwierigkeiten als nötig zu machen. 
Es handelt sich um die Anknüpfung zweier verschiedener Re- 
lationen an denselben Tatbestand wie bei der relativen Nich- 
tigkeit. Unter dem Gesichtspunkte der Zugänglichkeit zu ehrendem Dienste 
für das Vaterland kann die Wehrtätigkeit zu einem Gegenstand eines 
Zulassungsanspruchs und zugleich unter dem Gesichtspunkte des staatlichen 
Interesses zum Gegenstand eines staatlichen Anspruchs erhoben werden. 
Die Betriebstätigkeit konzessionierter Privatbahnen ist im Hinblick auf ihr 
ökonomisches Interesse ihr Recht, im Hinblick auf das staatliche Ver- 
kehrsinteresse ihre Pflicht. 
66 Wine die Untersuchungen KELSENs beherrschende, nicht begreifliche 
Inkonsequenz ist es, daß er Willen und Handeln des Staates als 
juristische Begriffe untersucht und mit ihnen als juristischen 
Realitäten operiert, daß er aber die Realität anderer juristischer Be- 
griffe an dem Maßstab der Realität von Stein, Pflanze, Tier, Mensch usw. 
mischt und sie unter diesem Gesichtspunkt ale Unsinn verwirft. Unwill- 
kürlich ‘drängt sich dem Leser bei dieser Art der Behandlung juristischer 
Begriff! der Ausspruch Ungers (Mosaik 1911 S. 120) auf: „Von Logik 
alleinkannauch die Jurisprudenz nicht leben“.
	        
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