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Buch der feine Glanz künstlerischer Darstellung und man liest dasselbe
in einer kaum je erlahmenden Spannung.
Es versteht sich von selber, daß gegenüber einer so umfassenden Lei-
stung jeder ein paar Sonderwünsche haben wird. So möchte ich z. B. die
Bedeutung R. ScHMiDs (S. 516, Beil. S. 320) zu gering eingeschätzt finden.
Den sehr ephemeren BESELER überragt er doch sicher weiter als einer der
Begründer germanischer Rechtsgeschichte, wie sein Sachregister zu den angel-
sächsischen Gesetzen noch jetzt eine Höchstleistung darstellt; es wäre viel-
leicht interessant gewesen hier die Fäden hinüber zu KownkAD MAURER
zu verfolgen. Oder man wird es etwa bedauern, daß die mächtigen,
wenn auch unvollendeten Arbeiten von SANDHAAS, nach m. M. das beste
und scharfsinnigste, was wir über deutsches eheliches Güterrecht besitzen,
übergangen oder die so wertvolle und eigenartige Leistung von PÖHLs nur
nebenher (II S. 272) gewürdigt ist. — Vielleicht möchte man auch im all-
gemeinen wünschen, daß jene allmähliche, so notwendige und dem bloßen
Routinier so unverständliche Ablösung des einen Teils unserer juristischen Be-
trachtung von jeder auch nur indirekten praktischen Beziehung, wie sie
heutzutage die moderne Rechtsgeschichte heraufgeführt hat, noch pla-
stischer hervorgehoben wäre. Mir scheint z. B., daß für die Bedeutung
von Brınz die Einstellung in eine Reihe neben MOoMMsEN wichtige
Resultate ergeben hätte. — Vor allem mag es einem leid tun, daß der
Verfasser daran festgehalten hat, die staatsrechtliche Theorie seit 1870
von der Darstellung auszuschließen. Denn dadurch ist jener überaus ein-
greifende Methodenwechsel der 70er Jahre, der nicht weniger bedeutet wie
seinerzeit für das Privatrecht das Auftreten der historischen Schule, der
Darstellung entzogen, nämlich die bewußte Trennung der politischen und
juristischen Betrachtung, die bis dahin zum beiderseitigen Nachteil ver-
bunden waren. Von da aus würde sich dann vielleicht auch wohl ergeben
haben, daß die staatsrechtlichen Arbeiten GERBERS noch keine neue Methode
enthalten, sondern schließlich doch nur ein allerdings klassisch knapper
Auszug der älteren politisierenden Theorie sind. Auch würde sich dann weiter-
hin MAURENBRECHERS Buch (8. 400) über die deutschen regierenden Fürsten
doch schon trotz aller zeitlichen Bedingtheit als ein vorzeitiger Versuch
erwiesen haben, das positive Recht von dem juristisch vagen politischen
Begriff Volk abzulösen und Töne anzuschlagen, die dann nach mehr als
30 Jahren M. SEYDEL von neuem erklingen ließ. — Aber solche Bedenken
erledigen sich damit, daß keine Literaturgeschichte in der Schilderung der
Denkrichtungen die zwingende Führung bis auf die unmittelbare Gegenwart zu
bewahren vermag und daß für diese letzte Zeit der Wert auch der gelungensten
Darstellung überwiegend doch in der Einzelbiographie liegen wird. Diese
aber ist LANDSBERG gerade auch für die späteren Jahrzehnte des 19. Jahr-
hunderts ausgezeichnet gelungen: ich erinnere hier nur an das was er über
BRINnZ, WINDSCHEID, auch über DELBRÜCK sagt. Wo aber der Verfasser