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das Regentschaftsgesetz: falls der berechtigte Thronerbe nach
der Thronerledigung am Regierungsantritt behindert ist, wird zunächst
eine provisorische Regierung durch einen Regenischaftsrat eingesetzt, der
aus den drei stiminführenden Mitgliedern des Staatsministeriums, dem
Präsidenten der Landesversammlung und dem Präsidenten des Obergerichts
besteht. Sollte die Thronfolgefrage nicht innerhalb eines Jahres sich ge-
klärt haben, so wählt die Landesversammlung den Regenten auf Vorschlag
des Regentschaftsrats aus den volljährigen nicht regierenden Prinzen der
zum Deutschen Reich gehörenden souveränen Fürstenhäuser, welcher sodann
die Regierungsverwesung bis zum Regierungsantritt des Thronfolgers fort-
führt. Gemäß diesen Bestimmungen trat nach denı Tode des Herzogs
Wilhelm am 18. Oktober 1884 der Regentschaftsrat in Funktion und am
2l. Oktober 1885 wurde von der Landesversammlung auf Vorschlag des
Regentschaftsrats Prinz Albrecht von Preußen gewählt. Als dieser am
13. September 1906 gestorben war, erfolgte zunächst ein erneuter Zusammen-
tritt des Regentschaftsrats, auf dessen Vorschlag von der Landesversamm-
lung am 28. Mai 1907 der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg
zum Regenten gewählt wurde.
Seit 35 Jahren ist nun das Regentschaftsgesetz von 1876 in Kraft, die
seinen Vorschriften entsprechende Ordnung der Regierungsverhältnisse des
Herzogtums Braunschweig steht in anerkannter Geltung. Die Auffassungen
über ihre rechtliche Begründung und Ausgestaltung aber gehen noch heute
weit auseinander. Die vorliegende Schrift will durch eine objektive Dar-
stellung der staatsrechtlichen Verhältnisse unter grundsätzlichem Ausschluß
politischer Erörterungen an der Hand der Entstehungsgeschichte des Ge-
setzes und seiner Ausführung den Nachweis liefern, daß die sachgemäße
Entwicklung der Grundsätze der Regentschaft zu einer verhältnismäßig
einfachen Erklärung der Rechtslage führt und eine befriedigende Beant-
wortung der auftretenden Einzelfragen ermöglicht. Wegen der unterliegen-
den Gegensätze in ihrem Zusammenhange mit den Grundlagen der Reichs-
verfassung und dem innersten Wesen der Erbmonarchie dürfte die Schrift
über die nächstbeteiligten Kreise hinaus Interesse erwecken, zumal da es
sich zugleich unı die Einordnung der Ergebnisse in die allgemeinen Lehren
der Regentschaft handelt und eine aus praktischen Bedürfnissen erwachsene
bedeutsame Weiterentwicklung dieser Einrichtung in Frage steht.
4. Die Vorbildun g der Juristen und ihre Reform von Dr.
jur. Erwin Grueber, Universitätsprofessor in München. Nürnberg
und Leipzig, Verlag von U. E. Sebald 1910.
Die Verbesserung der Vorbildung der Juristen ist seit einer Reihe von
Jahren in den beteiligten Kreisen in der Theorie wie in der Praxis eine
brennende Frage geworden; der Ausbildung auf den Universitäten wird
der Vorwurf der Einseitigkeit gemacht, die Professoren seien mehr Gelehrte